Patienten sollten vor einer Operation genau über Gründe und Risiken aufgeklärt werden Dem Arzt auf den Zahn fühlen
Weil er mehr Zähne als abgesprochen gezogen hat, muss ein Zahnarzt aus Havelberg ins Gefängnis. In dem Fall war die Patientin zwar unter Vollnarkose und hatte wenig Chancen zur Gegenwehr. In anderen Situationen können Betroffene den Arzt aber durchaus kontrollieren.
Berlin (dpa) l Bevor ein Zahnarzt seinem Patienten einen Zahn zieht, sollte er ihm detailliert erläutert haben, warum der Eingriff nötig ist. "Den Grund, warum der Zahn nicht erhaltungswürdig ist, sollte man unbedingt erfragen", sagt Gregor Bornes von der Kompetenzstelle Zahngesundheit der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Das könne zum Beispiel der Fall sein, wenn der Zahn wegen einer stark fortgeschrittenen Parodontose ohnehin locker oder die Wurzel sehr stark entzündet ist.
Experte rät, genau nach Indikation und Diagnose zu fragen.
Der Patient müsse außerdem wissen, welche Risiken, Folgen und Begleitumstände damit verbunden sind. Der Arzt sollte auch erklären, welche Betäubung vorgesehen ist, ob genäht wird und wie lange der Patient mit der Wunde zu tun haben wird. Um Überraschungen zu vermeiden, sollte der Patient genau erfragen, wie viele Zähne an welcher Stelle im Gebiss gezogen werden und sich diese zeigen lassen. In dem vor dem Landgericht Stendal entschiedenen Fall hatte ein Zahnarzt einer Patientin sieben Zähne zu viel gezogen. Dafür verurteilten ihn die Richter zu 14 Monaten Haft. Der Mann hatte seiner Patientin insgesamt elf Zähne gezogen. Nur mit vier davon habe die Patientin rechnen müssen, entschied das Gericht.
Bornes rät, den Mediziner eindringlich zu fragen: "Was ist die konkrete Indikation oder Diagnose? Wackelt der Zahn? Oder ist er entzündet? Steht er einem vernünftigen Zahnersatz im Weg?" Der Patient könne sich auch andersherum erkundigen: "Wie lange würde der Zahn denn noch halten, wenn Sie den jetzt nicht ziehen?" So könne er möglichst sichergehen, dass er den Grund für das Zahnziehen gut verstanden hat und dass es dazu keine Alternative gibt.
Wenn kein Vertrauen in die Behandlung besteht, sollte der Patient eine zweite Meinung einholen.
Wer aufgrund der Antworten kein Vertrauen in die vorgeschlagene Behandlung habe, sollte sie am selben Tag ablehnen und sich eine zweite Meinung bei einem anderen Zahnarzt einholen.
Eine schriftliche Vereinbarung über das Zahnziehen ist Bornes zufolge nicht üblich. Eine mündliche Einwilligung des Patienten reicht in der Regel für eine solche Behandlung. "In dem Moment, wo ich den Mund aufmache, ist die Einwilligung im Prinzip gegeben." Der Arzt dokumentiere in der Regel in der Krankenakte, dass er den Patienten über die Diagnose, die Risiken und mögliche Nebenwirkungen der Behandlung aufgeklärt hat. Das Aufklärungsgespräch vor dem Eingriff sollte der Patient Bornes zufolge möglichst nicht liegend auf dem Zahnarztstuhl führen, sondern möglichst daneben im Stehen oder an einem extra Tisch sitzend.