Heilung nach Sportverletzung kann durch eine minimalinvasive Therapie verbessert werden Neues Implantat bei Kreuzbandriss
Eine neue Methode, die Orthopäden am Magdeburger Uniklinikum einsetzen, verspricht Abhilfe bei einem Riss am vorderen Kreuzband.
Magdeburg l Es passiert ganz plötzlich, oft in einem Moment der Unaufmerksamkeit, beim Fußball, Tennis, Skilauf oder auf der Arbeit: Für einen kurzen Augenblick wird das Kniegelenk, das prinzipiell wie ein Türscharnier funktioniert, verdreht und überlastet. Es knackt und ein stechender Schmerz durchzieht wie ein Blitz das Bein. Kurze Zeit später ist das Kniegelenk wie eine pralle Wurst angeschwollen.
Privatdozent Dr. Christian Stärke, Oberarzt an der Orthopädischen Universitätsklinik Magdeburg kennt solche Berichte seiner Patienten seit vielen Jahren. Oftmals sind sie ein Hinweis auf einen vorderen Kreuzbandriss. Dabei handelt es sich um eine der häufigsten Verletzungen des Kniegelenks.
Die Kreuzbänder stabilisieren zusammen mit den Menisken und der Muskulatur das Kniegelenk. Bei einer plötzlichen Verdrehung des Kniegelenkes können sie binnen Bruchteilen von Sekunden geschädigt werden. Die extremen Kräfte führen zu einem Zerreißen des vorderen Kreuzbandes. Frühere Versuche, das bleistiftdicke vordere Kreuzband wieder zusammen zu nähen, waren in der Vergangenheit meist erfolglos geblieben, so der Magdeburger Oberarzt. Bislang gab es deshalb im wesentlichen zwei Behandlungsoptionen: Die Stärkung der Muskulatur, die das Kniegelenk stabilisiert, durch ein physiotherapeutisches Training sowie die chirurgische Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes durch Transplantation körpereigener Sehnen, die zuvor am Bein entnommen werden (zum Beispiel die Semitendinosus- oder Gracilissehne).
Letzteres wird bislang jüngeren, sportlich aktiven Patienten zwischen dem 20. und 40. Lebensjahrzehnt empfohlen, um Instabilität des Kniegelenkes und damit weiteren Verletzungen vorzubeugen. Die Langzeiterfahrungen mit dem körpereigenen Ersatz des vorderen Kreuzbandes beziehungsweise einer gezielten muskulären Stärkung am Kniegelenk zeigen jedoch, dass sie langfristig eine Kniegelenksarthose nicht zuverlässig verhindern können.
"Das gerissene vordere Kreuzband begünstigt weitere Kniegelenkinstabilitäten, Auslockerungen und Schmerzen", erklärt Professor Dr. Christoph Lohmann, Direktor der Magdeburger Universitätsklinik für Orthopädie. Doch neuerdings gibt es ein minimalinvasives Implantat-Verfahren, das eine schnelle Heilung nach einem vorderen Kreuzbandriss ermöglicht. Zu den ersten Krankenhäusern in Deutschland, welche die Technik einsetzen, zählt die Orthopädische Universitätsklinik in Magdeburg.
Das in den Schienbeinknochen eingesetzte, etwa kleinfingerdicke Titan-Implantat enthält eine Feder und eine künstliche Sehne, welche die mikrochirurgische Naht des gerissenen Kreuzbandes in den ersten Wochen nach dem Unfall stabilisiert und die Heilung fördert. "Im Unterschied zur bisherigen Rekonstruktion sollte die künstliche Kreuzbandplastik möglichst bald nach dem Unfall, also möglichst innerhalb von zwei Wochen, eingesetzt werden", empfielt Privatdozent Dr. Stärke.
Keine körpereigene Ersatzsehne notwendig
Die Ergebnisse sind bemerkenswert. Den Patienten muss keine Ersatzsehne mehr entnommen werden. In der Regel könne man bereits nach sechs Wochen Fahrrad fahren, nach zwei bis drei Monaten wieder Joggen und nach etwa einem halben Jahr Sport treiben, der das Knie belastet, fasst Professor Lohmann die Vorteile zusammen.
Über die langfristigen Folgen des Implantates nach mehreren Jahrzehnten können die Ärzte derzeit zwar noch keine sicheren Aussagen machen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen erwarten sie aber auch einen Rückgang bei den Arthrosen.
Nach Ansicht der Magdeburger Orthopäden könnten die neuen Kreuzbandplastiken insbesondere für sportlich aktive Menschen im Berufsleben von Nutzen sein. "Die Patienten können danach wieder körperlich anspruchsvollen Berufen nachgehen", so Professor Lohmann. Die gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands übernehmen die Kosten auch für diese neue Rekonstruktion des Kniegelenkes.