Sachsen-Anhalt Wer wird was in der neuen Regierung?
In Sachsen-Anhalt haben drei Wochen nach der Landtagswahl die Koalitionsverhandlungen begonnen. Jetzt wird über Ministerposten spekuliert.
Magdeburg l Aufgeräumte Stimmung beim Spitzentreffen in der SPD-Zentrale: Der neu gewählte SPD-Landeschef Burkhard Lischka schenkte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) fair gehandelten Kakao, verpackt in eine Folie mit roter Schleife. Das Treffen war nach 30 Minuten vorbei. Jetzt sind Arbeitsgruppen am Zug.
„Sachsen-Anhalt braucht eine handlungsfähige Regierung, und die wollen wir in den nächsten Wochen auch hinbekommen“, sagte Haseloff. Eine Koalition von CDU, SPD und Grünen sei zwar neu in der politischen Landschaft, „aber mit ihr ist eine stabile Regierung der Mitte möglich“. Und: „Wenn man sich die Programme zur Landtagswahl anschaut, liegen wir auch nicht so weit auseinander. Es gibt keine unüberwindbaren Hindernisse.“ Burkhard Lischka sagte, er gehe pragmatisch in die Verhandlungen. „Es wäre das Schlimmste für dieses Land, wenn wir keine Regierung hinbekämen.“
Personalspekulationen blocken die Parteispitzen ab. Doch die Gerüchteküche brodelt. Sicher ist, dass Holger Stahlknecht (Inneres) und Thomas Webel (Verkehr/beide CDU) im Amt bleiben. Zu hören ist, dass Stahlknecht einen neuen Staatssekretär sucht. Webel will Klaus Klang behalten. Ein paar Jahre dranhängen wird Staatsminister Reiner Robra (CDU) als Chef der Staatskanzlei. Wie sieht es in den anderen Ressorts aus?
Kultusministerium: Grünen-Spitzenfrau Claudia Dalbert möchte Ministerin werden. Die Erziehungswissenschaftlerin fühlt sich auf dem Feld fachlich zu Hause. Doch die Grünen-Parteibasis pocht auf das Umweltressort. Die Parteispitze dringt auf zwei Ministerien. Doch bei einem Wahlergebnis von 5,2 Prozent dürfte das nur schwer gelingen. Weitermachen will auch Amtsinhaber Stephan Dorgerloh (SPD) – doch ihm werden kaum Chancen eingeräumt. Die SPD setzt ihre Prioritäten auf Wirtschaft und Soziales. Also fiele das Haus an die CDU. Dafür warmgelaufen hatte sich schon vor der Wahl André Schröder, von 2011 bis 2016 Fraktionschef. Er würde aber auch Wirtschaft oder Finanzen übernehmen. Der 46-Jährige ist als Minister quasi gesetzt, da er freiwillig den Posten des Fraktionschefs geräumt hatte, um frei fürs Kabinett zu sein.
Wissenschaft/Wirtschaft: Finanz-Staatssekretär Jörg Felgner (SPD) will am liebsten Finanzminister werden, doch die Parteibasis gibt einen anderen Ton vor. Die SPD will nicht länger die Rotstiftpartei sein und verspricht sich mit dem Wirtschaftsressort eine bessere Außenwirkung. Bekäme die SPD das Wirtschaftsressort, würde Felgner sein Chef. Staatssekretär würde wohl Armin Willingmann. Der Rektor der Hochschule Harz würde sich um Unis und Wissenschaft kümmern.
Finanzen: Das Haus kommt nach 22 Jahren wohl wieder in CDU-Hand. Zwei Kandidaten stehen ganz oben auf der Favoritenliste. André Schröder (falls Dalbert Kultus bekommt) - oder Michael Richter, wenn Schröder Kultusminister wird. Richter war unter Jens Bullerjahn (SPD) einige Jahre Finanz-Staatssekretär. Die Rolle des Finanzministers wird sich ändern. Anders als Bullerjahn wird sein Nachfolger nicht so streng auf der Ausgabenbremse stehen, da CDU, SPD wie Grüne mehr Lehrer und Polizisten einstellen wollen. Das Finanzressort wird auch Macht abgeben müssen. Die Kommunalfinanzen sollen ans Innenressort zurückgehen, die EU-Förderung der Landwirtschaft ans Agrarministerium. Als Finanz-Staatssekretär ist Marco Tullner im Gespräch. Er war jahrelang finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.
Justiz: Dieses Ressort wird Angela Kolb (SPD) abgeben müssen. Vor allem bei der notwendigen Besetzung von Richterstellen war viel schiefgelaufen. Das dürfte unter Tamara Zieschang anders werden. Die CDU-Juristin gilt als fachlich versiert und resolut. Die 45-Jährige hat als Wirtschaftsstaatssekretärin sieben Jahre lang Regierungserfahrung gesammelt, erst in Schleswig-Holstein, seit 2012 in Sachsen-Anhalt.
Arbeit und Soziales: Das sozialdemokratische Kernressort will die SPD behalten. Norbert Bischoff nachfolgen will Petra Grimm-Benne. Ihr als Staatssekretär zur Seite stünde der Chef der Landesarbeitsagentur, Kay Senius. Grimm-Benne ist umstritten, da sie zu den engsten Vertrauten von Ex-Fraktionschefin Katrin Budde zählte. Dem Vernehmen nach macht sich auch Angela Kolb Hoffnungen auf ein Ministeramt. Doch die neue Parteispitze will alle Flügel einbinden, so dass viel für Grimm-Benne spricht.
Umwelt/Agrar: In der CDU wollen viele, dass das Haus zusammenbleibt – unter Amtsinhaber Hermann Onko Aeikens. Sollte doch Claudia Dalbert das Ministerium bekommen, käme es wohl zu einem mittleren Bauernaufstand. Lösung: Das Ressort wird aufgeteilt (wie bis 2000), und die Umwelt würde um den Bereich Energie (aus der Wirtschaft) aufgewertet. Problem: Die Zellteilung ginge zu Lasten des Steuerzahlers: mehr Posten, mehr Ausgaben. Ein gefundenes Fressen für die Opposition.