Mordfall Li Chinesische Familie sieht Würde beschmutzt
Nach Sexualmord an chinesischer Studentin Yangjie Li erheben die Eltern Vorwürfe gegen die Informationspolitik der Staatsanwaltschaft.
Dessau-Roßlau l Die Eltern der 25-jährigen ermordeten Studentin Yangjie Li haben über den Architektur-Professor Rudolf Lückmann schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft erhoben. Er betreut die am Freitag in Dessau eingetroffene Familie und sagt: „Es gibt völliges Unverständnis darüber, dass die Staatsanwaltschaft die offensichtliche Ausrede des Beschuldigten veröffentlicht und von einvernehmlichen Geschlechtsverkehr vor der Tat spricht.“ Dies, obwohl die Ermittler fest davon ausgehen, dass diese Version gar nicht stimmen kann. Das angebliche Treffen in dem Haus habe es laut Aussagen der Beschuldigten am Vortag des Mordes gegeben, obwohl die Studentin zu diesem Zeitpunkt an anderen Orten gesehen wurde. Auch sonst spricht nichts für die erste Aussage des beschuldigten Dessauers im Polizeirevier, als er sich am Montag stellte.
Nach Version des Paares hatten beide in dem Haus einvernehmlichen Sex und danach sei man wieder auseinandergegangen. Demnach solle eine dritte unbekannte Person dem Mord verübt haben. Dafür gibt es aber laut Staatsanwaltschaft keinerlei Anhaltspunkte.
Architekturprofessor Lückmann: „Hier wird eine offensichtliche Notlüge der Täter in den Mittelpunkt gestellt. Dabei hatte der Vater von Yangjie bei der Staatsanwaltschaft extra darum gebeten die Würde seiner Tochter zu achten.“
Zu den erhobenen Vorwürfen der Eltern wollte sich der Leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann am Montag nicht äußern. Es gebe auch keine neuen Stand der Ermittlungen zum Dienstag. Inzwischen ist aber bekannt, dass die DNA-Spuren am Opfer tatsächlich mit denen des 20-jährigen Dessauers übereinstimmen. Ob auch Spuren seiner mitbeschuldigten Lebensgefährtin am Tatort und an der Leiche gefunden wurden, ist noch offen.
Sebastian Opitz, Sprecher der Polizeidirektion Ost, erklärt: „Die Spurensicherung vor Ort ist auch noch immer nicht abgeschlossen. Es gibt für uns noch viele Fragen zu klären.“ Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen ist am 11. Mai gegen 20.30 Uhr die Architekturstudentin joggen gegangen und danach nicht wieder in ihre Wohngemeinschaft in unmittelbarer Nähe des Tatortes zurückgekehrt. Erst zwei Tage später fand die Polizei die völlig entstellte Leiche in einem Gebüsch unterhalb des Hauses, in dem das Paar einmal wohnte. Sie wurde vergewaltigt, erschlagen und aus dem Fenster gehievt.
Der 20-jährige Sebastian F., laut seinem Facebook-Profil Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr, hielt am vergangen Sonntag vermutlich dem Ermittlungsdruck nicht mehr aus und offenbarte sein Geheimnis seiner Mutter, die Polizistin ist. Sie bewegte ihn dazu, sich zu stellen, wobei er die bereits bekannte Aussage machte und sich auch in Widersprüche verstrickte. Weil auch sein Stiefvater bei der Polizei in Dessau arbeitet, hat das Innenministerium am gestrigen Mittwoch die Polizeidirektion Süd mit der Leitung der Ermittlungen beauftragt.
Der 20-jährige Dessauer und seine Verlobte haben ihr jüngstes Kind im Oktober vergangenen Jahres verloren. Das Mädchen war aus ungeklärter Ursache kollabiert und ins Klinikum Dessau gebracht worden. Weil der Arzt keine Erklärung für den plötzlichen Tod des Kindes hatte, ermittelte die Polizei. Eine spätere Obduktion ergab aber eine natürliche Todesursache. „Wir sehen keine Veranlassung das noch einmal aufzurollen“, sagte am Mittwoch Polizeisprecher Opitz.
Die Eltern von Yangjie Li werden weiter von der Hochschule Dessau betreut. Zudem liegen inzwischen drei Kondolenzbücher aus.