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Körperverletzung HFC-Anhänger prügelten schon vor Gifhorn

Im Fall des aus dem Zug gestürzten FCM-Fans werden neue Details bekannt.

06.10.2016, 01:01

Haldensleben/Magdeburg l Nach dem Sturz eines FCM-Fans aus einem fahrenden Zug in Haldensleben sind weitere Fakten aufgetaucht. So bezeichnete eine Sprecherin des Triebwagenherstellers Siemens Mobility (gehört zum Siemens Konzern) den von der Polizei geschilderten Tatablauf als technisch nicht möglich.

„Wird die Tür während der Fahrt geöffnet, greift automatisch die Traktionssperre“, sagte Ellen Schramke vom zuständigen Siemens-Bereich der Volksstimme auf Nachfrage. Ein normales Weiterfahren der Regionalbahn wird damit unmöglich. „Der Zug würde ausrollen“, beschreibt Schramke den Vorgang.

Zudem würde dem Lokführer die Störung an der Tür angezeigt. Weiterfahren könnte der Zug dann nur, wenn die Tür wieder geschlossen wird und der Lokführer das System wieder hochfährt. Eine Entriegelung der Tür bei der Fahrt wäre zudem nur mit sehr viel Kraft möglich.

Laut Polizei war in der Nacht zum Sonntag FCM-Fan Hannes S. (25) 300 Meter hinter dem Bahnhof Haldensleben aus dem fahrenden Zug gestürzt. Dabei verletzte er sich am Kopf und liegt seitdem im Koma. Sein Zustand ist unverändert kritisch. Im Zug mit ihm war eine Gruppe von 80 HFC-Fans. Laut Polizei betätigte Hannes S. selbst die Notöffnung der Tür. Was dann geschah, ist weiterhin unklar. Die Polizei hat 27 HFC-Fans namentlich ermittelt und wertet Videomaterial aus.

Die Aussagen vom Hersteller sind brisant. Für den Tathergang in der Regionalbahn 16431 bedeutet das übersetzt: Hat es sich so, wie von der Polizei beschrieben, zugetragen, hätte der Zug halten müssen.

Wie die Volksstimme außerdem aus Polizeikreisen erfuhr, gab es bereits vor dem Zwischenfall in Haldensleben Probleme mit den HFC-Anhängern. Kurz vor dem Bahnhof Gifhorn gab es eine Auseinandersetzung mit einem anderen Fahrgast. Der Unbekannte wurde von mehreren HFC-Fans bedrängt und geschlagen. „Wir ermitteln wegen Körperverletzung und Beleidigung“, bestätigte ein Sprecher der Bundespolizei Hannover. Denn bei den HFC-Anhängern soll es sich nicht – wie in anderen Medienberichten dargestellt – um einfache Fußballanhänger gehandelt haben. „Die Gruppe bestand hauptsächlich aus Mitgliedern der Saalefront und der Merseburger Domfalken der Kategorien B und C“, heißt es von der Bundespolizei. B-Fans sind solche, die zu Gewalt neigen, die der Kategorie C solche, die Gewalt suchen.

Aus dem Einsatzbericht der Bundespolizei Niedersachsen geht hervor, dass die Gruppe alkoholisiert und gewalttätig aufgetreten sei. Zudem musste nach der Schlägerei vor Gifhorn der Regionalzug etwa 15 Minuten warten, ehe er in Richtung Wolfsburg weiterfahren konnte. Vor Ort in Gifhorn waren nur ein knappes Dutzend Bundespolizisten. „Wir hatten an dem Wochenende Durchfahrten von Anhängern von Rostock, St. Pauli, dem HSV und Kiel“, sagte eine Polizeisprecher. Man habe keine freien Kräfte mehr zur Verfügung gehabt. Zudem hätten sich die Halle-Fans eine ungewöhnliche Zugverbindung ausgesucht. Szenekundige Beamte vermuten, dass das bewusst passierte, um möglichen Kontrollen zu entgehen. Einige Halle-Fans hatten ihre Autos in Magdeburg geparkt.

Für Hannes S. soll es beim Freundschaftsspiel des 1. FCM gegen den HSV am Donnerstagabend eine Aktion in der MDCC-Arena in Magdeburg geben. So soll auf einen Teil der Werbung zur Halbzeitpause verzichtet und stattdessen auf der Leinwand („Banner für Hannes“) das Mitgefühl aller Club-Anhänger ausgedrückt werden.