Markus Kurze Einer zu viel
Abgeordneter Kurze verblüfft bei seiner Rede im Landtag: Da war Alkohol im Spiel - waren sich die meisten einig. Kurze streitet alles ab.
Magdeburg l Die Worte kommen Markus Kurze heute eigenartig verwaschen über die Lippen. Mitten in seiner Rede stoppt er, schaut zur AfD-Fraktion rüber, lächelt plötzlich, irgendwie unmotiviert, verliert sich in langen Sätzen (Video zur Rede). Das ist nicht der prägnant redende Kurze, wie ihn die Abgeordneten sonst kennen. Es geht um den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk. Da ist Kurze eigentlich sattelfest. Als er dann von der Flüchtlingskrise und falschen Bildern im Fernsehen erzählt, erntet er Beifall und „Bravo“-Rufe von der AfD. Bei den anderen herrscht Entsetzen. Innenminster Holger Stahlknecht (CDU) schüttelt den Kopf. Landtagpräsidentin Gabriele Brakebusch (CDU) hält ihre Hände vors Gesicht.
Die CDU-Fraktion hatte am Donnerstag eine Weihnachtsfeier. „Der hat wohl einen zu viel gehoben“, heißt es nach Kurzes Rede. CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt: „Der Vorfall war unerfreulich.“ Er kündigte ein Gespräch an. Als parlamentarischer Geschäftsführer ist Kurze organistorisches Oberhaupt und muss eigentlich für Fraktionsdisziplin sorgen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Kurze die Fassung verliert.
Im Herbst 2016 reiste er mit dem Europa-Ausschuss nach Sizilien und Malta. Mitgereiste Abgeordnete schildern einige Ausfälle und Ausraster: Nach einer abendlichen Tour soll Kurze morgens ohne Schuhe orientierungslos und offensichtlich alkoholisiert in der Hotellobby gestanden haben. Bei einem Gespräch mit Lokalpolitikern muss er laut geworden sein. Später im Bus, nach einigen Glas Wein zu Mittag, soll es zu Pöbeleien gekommen sein.
Im Februar 2007 musste die Burger Polizei den stark angetrunkenen Kurze nach Hause fahren. Grund: Er hatte zuvor mit Händen, Füßen und einer Bierflasche gegen den Nachtschalter einer Tankstelle gewummert – um ein Taxi zu bestellen. Später erklärte er: „Ich fühlte mich verfolgt.“ Kurze entschuldigte sich beim Tankstellenpächter.
Beim Sachsen-Anhalt-Tag 2003 in Burg legte sich Kurze mit dem Sicherheitsdienst an, weil er auch nach Mitternacht weiterfeiern wollte. Eine Anzeige konnte er nach einem klärenden Gespräch noch abwenden. Kurze damals: „Das war eine gelbe Karte.
Kommt jetzt die Rote? Der Auftritt im Landtag könnte ein Ausfall zu viel gewesen sein. Gegenüber der Volksstimme bestreitet der CDU-Politiker vehement, dass Alkohol im Spiel war. „Wir müssen hier nichts konstruieren. Jeder, der mit dem Finger auf andere zeigt, sollte erst einmal bei sich selbst schauen“, so Kurze. Die Rede würde er „selbstverständlich noch einmal so halten“.
Die SPD teilt nach der Rede auf Anfrage mit: „Wir finden den Inhalt der Rede ausgesprochen bedenklich.“ Kurzes Auftritt will der Koalitionspartner nicht weiter kommentieren. Das sei ein Problem der CDU, heißt es. Stefan Gebhardt (Die Linke) bezieht klar Position: „Wir waren geschockt, sowohl inhaltlich als auch von der Performance her war das peinlich.“
Rückendeckung bekam Kurze von der AfD. Fraktionschef André Poggenburg erklärte: „Ganz offensichtlich soll hier ein konservativer Politiker mundtot gemacht werden!"
Kurze steht in seiner Heimat Burg derzeit enorm unter Druck. Ein lokales Anzeigenblatt unterstellt ihm, dass er familiäre Interessen mit seiner Abgeordnetentätigkeit vermischen würde. Der Hintergrund: In einer Immobilie von Familie Kurze ist neben seinem Abgeordnetenbüro seit 2015 auch die CDU-Kreisgeschäftsstelle untergebracht. Es ist umstritten, ob die beiden Räume korrekt voneinander getrennt sind, da sie durch eine Zwischentür verbunden sind. Kurze hält das für zulässig, bekommt die Debatte jedoch seit Wochen nicht los.
Auch in seiner Partei kracht es. Der CDU-Kreischef schmiss nach einem Streit mit Kurze Ende September hin. Auf dem Kreisparteitag am Montag soll nachgewählt werden. Markus Kurze, der im Jerichower Land als Strippenzieher in der CDU gilt, hatte schon stärkere Verhandlungspositionen.