Herdenschutz Widersacher für den Wolf
Das Umweltministerium reagiert auf Konflike mit dem Wolf. Nutztierhaltern will die Behörde schneller und großzügiger helfen.
Magdeburg l Immer mehr Wölfe, immer mehr Risse – Angriffe auf Nutztiere haben das Umweltministerium zuletzt unter Handlungsdruck gesetzt. Am Mittwoch ging Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) in die Offensive. Forderungen nach Obergrenzen und einer Bejagung erteilte sie eine Absage: „Wir müssen wieder lernen, mit dem Wolf zu leben“, betonte sie im Umweltministerium.
Gleichzeitig kündigte Dalbert Verbesserungen bei Beratung, Schutz und Entschädigung an. Konkret soll am 15. Februar auf dem Gelände des Zentrums für Tierhaltung und Technik im altmärkischen Iden ein Wolfskompetenzzentrum die Arbeit aufnehmen.
Die beiden Wolfsbeauftragten des Landes sollen dort Schulungen zum Thema Risse anbieten. Ein Experte werde sich um den Komplex Herdenschutz kümmern, je nach Haushaltslage würden zudem weitere Mitarbeiter eingestellt.
Darüber hinaus werde ein landesweites Netzwerk nebenamtlicher Rissbegutachter installiert, sagte Dalbert. Die bisherige Situation mit nur wenigen Rissgutachtern führe zu langen Wartezeiten. „Hier müssen wir schneller werden.“
Schneller werden will das Land auch bei der Bearbeitung von Entschädigungsanträgen. „Es ärgert mich, wenn Schäfer monatelang auf ihr Geld warten“, sagte Dalbert. Anträge auf Zuwendungen für Riss-Schäden sollen Tierhalter deshalb nur noch beim Amt für Landwirtschaft und Forsten Anhalt in Dessau (ALFF) stellen.
Apropos Schutzmaßnahmen: Anders als bislang will das Land künftig 80 Prozent der Anschaffung von Herdenschutzhunden fördern. Das dazugehörige Papier befinde sich derzeit in der Prüfung, sagte die Ministerin. Stimmt der Landesrechnungshof zu, könnten Schäfer schon ab März Anträge stellen. Geld gibt es dabei für den Kauf der Rassen Pyrenäen-Berghund und Maremmano-Abbruzzese. Bei einhundert Tieren sollen Schäfer Anspruch auf die Förderung zweier Hunde haben. Bei weiteren hundert Tieren steige der Anspruch jeweils um einen weiteren Hund.
Während der Pressekonferenz stellte Dalbert klar, Problemwölfe, die ihre Scheu vor dem Menschen verloren haben, würden von den Behörden identifiziert und im Zweifel zum Abschuss freigegeben. Auch Vorwürfe, das Land lege beim Wolfsmonitoring falsche Zahlen vor, wies die Ministerin zurück. Es handele sich um wissenschaftlich präzise erarbeitete Daten.
Die Reaktionen auf die Neuerungen im Wolfsmanagement fielen gestern unterschiedlich aus. Die CDU hält nicht viel von einem Wolfskompetenzzentrum. „Für uns ist das entbehrlich“, sagte Fraktionschef Siegfried Borgwardt.
Die Union will zudem, dass Wölfe gejagt werden dürfen. „Es geht nicht um Ausrottung, aber auf problematische Tiere müssen wir reagieren“, sagte Borgwardt. Bevor das Jagdrecht geändert wird, will die CDU aber eine Wolfs-Tagung ansetzen, um sich mit Fachleuten zu beraten. „Auch beim Waschbären wurde 50 Jahre nichts unternommen – seit 10 Jahren ist ein Abschuss möglich.“ Bauernverbandspräsident Olaf Feuerborn begrüßte die Förderung von Herdenschutzhunden. „Den Schritt finde ich schon gut“, sagte er. „Grundsätzlich passt der Wolf aber nicht in unsere urbane Gesellschaft.“ Der Schutzstatus des Räubers sei deshalb infrage zu stellen. Ähnlich äußerte sich Landesjagdverbands-Präsident Hans-Heinrich Jordan.
Zustimmung kam dagegen vom Landesverband des Naturschutzbundes (Nabu): „Wir begrüßen die Verbesserungen“, sagte Geschäftsführerin Annette Leipelt. Mit Blick auf das Thema Herdenschutzhunde schränkte sie allerdings ein: Mit Finanzhilfen für den Kauf sei es nicht getan. Denn dieser führe mit Ausgaben für Futter, Tierarzt oder Versicherung zu beträchtlichen Folgekosten.
Schäfer tragen erheblich zur Landschaftspflege in Sachsen-Anhalt bei. So sichern sie auf einem Großteil der Elbdeiche den Hochwasserschutz.
Für Diskussionsstoff dürften die Maßnahmen des Umweltministeriums am Freitag im Landtag sorgen. Unter dem Titel „Praxis-taugliches Wolfsmanagement ermöglichen“ ist ab 10 Uhr eine aktuelle Debatte angesetzt.