Beratervertrag 480 Euro Stundenlohn
Ein fragwürdiger Millionenvertrag im Justizministerium wird zum Teil auf Eis gelegt. Teilweise galt ein Stundenlohn von 480 Euro.
Magdeburg l „Der Vertrag wird grundsätzlich weitergeführt, aber in geänderter Form“, sagte ein Ministeriumssprecher. Der knapp zwei Millionen Euro schwere Auftrag werde auch auf seine Wirtschaftlichkeit abgeklopft. Die Volksstimme hatte Anfang September enthüllt, dass das Land am 9. Dezember 2015 am Parlament vorbei einen Millionenvertrag (Laufzeit 2016 bis 2022) mit der „Wanzek Consult“ (Magdeburg) abgeschlossen hatte. Es geht um die „Umsetzung von Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter-Gender Mainstreaming“. Gender-Mainstreaming ist eine Strategie zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.
Auftraggeber war das seinerzeit von Angela Kolb-Janssen (SPD) geführte Ministerium für Justiz und Gleichstellung. Dort war vor allem, offensichtlich nur lasch kontrolliert und weitestgehend losgelöst vom Ministerium, die Stabsstelle für Frauen- und Gleichstellungspolitik mit der Angelegenheit befasst. Das Ministerium ließ sich durch das Landesverwaltungsamt vertreten. Ein Vertreter dieser Behörde unterschrieb den Vertrag.
Der Vertrag, der nicht einmal dem Haushaltsbevollmächtigten des Ministeriums bekannt war, wirft viele Fragen auf. Zum Beispiel die nach der Preisgestaltung: Für „Planung, Organisation und Auswertung von Fachveranstaltungen“ – etwa Gender-Foren und Workshops – wird ein Stundensatz von 480 Euro netto angegeben. Für die„Etablierung eines Controllings“ ist ein Stundensatz von 200 Euro veranschlagt. Derselbe Stundensatz gilt für „Maßnahmen der Bekanntmachung und Verbreitung wesentlicher Erkenntnisse und Ergebnisse sowie zur Vernetzung“.
Für „Einzel- und Gruppenberatungen werden 150 Euro/Stunde in Rechnung gestellt. Günstiger sind mit 80 Euro je Stunde „Ad hoc-Beratungen/Beratungen“. Für diese sind insgesamt 161.280 Euro veranschlagt.
Inhaberin der im Januar 2015 gegründeten Firma ist Ute Wanzek. Sie sagte der Volksstimme, in diesen Stundensätzen seien alle Kosten enthalten, etwa die für Material, Miete, Strom, Referenten und Personal. Nächsten Dienstag ist sie zu einem Gespräch im Justizministerium eingeladen.
In ihrem Angebot gab sie indes an, „zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über das in der Leistungsbeschreibung geforderte Personal“ zu verfügen. Sie hatte nur eine Mitarbeiterin, die nebentätig bei Wanzek Consult tätig war. Diese werde mit Auftragserteilung festeingestellt, sicherte Wanzek zu.
Sie und die Mitarbeiterin sind von Haus aus Diplom-Bauingenieurinnen. Zuletzt arbeiteten sie jahrelang im Gender-Institut Sachsen-Anhalt, einem privaten Institut, zusammen. Dort war Wanzek zwischen 2001 und 2014 eine der beiden Geschäftsführerinnen.
Die Leistung wurden vom Landesverwaltungsamt (Halle) öffentlich ausgeschrieben. Nach Angaben des Justizministeriums luden zwölf Interessenten die Ausschreibung aus dem Internet herunter. Doch nur Ute Wanzek machte ein Angebot. Die neue Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) hält das Verfahren für vertretbar.
Landesrechnungshof kündigte an, den Vertrag intensiv zu prüfen. Doch schon jetzt sagte Präsident Kay Barthel (CDU), dass der Millionenvertrag eine europaweite Ausschreibung erfordert hätte. „Das Verfahren war rechtlich nicht zulässig“, sagte er der Volksstimme. „Es verstößt gegen europäische Vergabegrundsätze.“