DDR-Erinnerung Die Gedächtniszentrale hat eine neue Chefin
Wiebke Janssen wird Leiterin des Dokumentationszentrumsin Magdeburg. Geplant sind mehr Vorträge und Ausstellungen.
Magdeburg l Die Begeisterung für das neue Aufgabengebiet ist Wiebke Janssen regelrecht anzusehen. Das spüren auch die Mitarbeiterinnen und loben die Veränderungen bei der Arbeit im Dokumentations-Zentrum des Bürgerkomitees Magdeburg. Seit dem Sommer des vergangenen Jahres leitet die 44-Jährige die Bildungseinrichtung im ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis am Moritzplatz in Magdeburg. Heute Abend wird sie offiziell in ihr Amt eingeführt.
Den Vortrag „Halbstarke in der DDR. Kriminalisierung und Verfolgung einer Jugendkultur“ hält sie selbst. Das Thema beherrscht sie aus dem Effeff, hat sie doch darüber 2009 an der Martin-Luther-Universität Halle ihre Doktorarbeit verteidigt. Der Abend wird darüber hinaus einen Überblick über die künftigen Vorhaben des Bürgerkomitees geben.
Die gebürtige Jeveranerin war nach ihrem Studium in Marburg und Göttingen seit 2000 in Halle und Leipzig als Historikerin mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der jüngsten Geschichte Mitteldeutschlands befasst.
Bei mehreren Forschungsprojekten, unter anderem zur Geschichte des berüchtigten Gefängnisses „Roter Ochse“ in Halle und zum Einfluss der SED auf die Medizin, bekam sie einen Einblick in das DDR-Unterdrückungsregime. „Hierbei hatte ich auch erste Kontakte mit dem Dokumentationszentrum des Bürgerkomitees Magdeburg“, erinnert sich Wiebke Janssen. „Die Forschungsberichte von Ulrich Mielke über das Wirken der Stasi im Gesundheitswesen des Bezirkes Magdeburg, herausgegeben vom Bürgerkomitee, sind für die Forschungsarbeit eine unheimlich gute Quelle.“
Diese Form der Aufarbeitung sei einmalig, und sie freue sich, dass für dieses Jahr neben dem dritten Band über die Stasi im Rat des Bezirkes ein weiteres Buch über die Spitzel im Gesundheitswesen der Stadt Magdeburg von Mielke geplant sei. In die tägliche Arbeit des Dokumentationszentrums mit seinen Projekttagen für Schüler, den ständigen und zeitweisen Ausstellungen, den Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen seien etwa 1000 Objekte aus dem Fundus einbezogen, sagt Janssen. Dazu gehörten Bücher, Fotos, Aufrufe, Plakate und vieles mehr. Rund 2000 weitere Objekte lagerten noch im Archiv. Von Anfang an sei sehr viel gesammelt worden, das müsse jetzt aufgearbeitet und inventarisiert werden, ohne aber ein Museumsdepot daraus zu machen.
„Ich möchte vielmehr das Dokumentationszentrum zum Gedächtnis der friedlichen Revolution und der Bürgerrechtsbewegung in Magdeburg entwickeln“, erklärt Wiebke Janssen. Noch mehr als bisher soll dafür mit Büchern und Akten in die Öffentlichkeit gegangen werden.
Zu den Höhepunkten im Ausstellungsgeschehen werden in diesem Jahr die Ausstellung „Doppeltes Spiel. Fußball im Visier der Stasi“ (April/Mai), die überarbeitete Fotoausstellung „Vergessenes Magdeburg“ von Jutta Rödling (Juni/Juli) und die Dokumentation „Alles nur Film?“ über den Filmklub „Studio-Kino Magdeburg“ (Dezember) gehören. Großen Anklang dürfte auch die Kooperationsveranstaltung mit der Gedenkstätte Moritzplatz am 14. Mai, dem Internationalen Museumstag, finden. Dann heißt es nämlich „zu Gast im kleinen Liverpool“. Ludwig Schumann wird an das legendäre Magdeburger Café Impro erinnern und dazu auch ein paar Musiker von damals begrüßen.
Zur Amtseinführung hält Wiebke Janssen heute um 18 Uhr den Vortrag „Halbstarke in der DDR“. Dokumentationszentrums des Bürgerkomitees, ehemaliges Stasi-Untersuchungsgefängnis in der Magdeburger Umfassungsstraße 76.