Flüchtlinge Schulen warnen vor Brennpunkten
Ist die Konzentration von Flüchtlingskindern an sozialen Brennpunkten ein Hemmnis für die Integration? Das sorgt für Diskussionen.
Magdeburg l Torsten Olle ist ratlos. 68 der 355 Kinder seiner Grundschule verstehen kaum deutsch. Olle ist Leiter der Grundschule An der Klosterwuhne. Hier in das Plattenbauviertel im Magdeburger Norden zogen zuletzt immer mehr Syrer und Afghanen.
Bis zum Jahreswechsel wurden die Zuwanderer noch in speziellen Gruppen von einem Sprachlehrer unterrichtet. Dessen Vertrag aber lief wie der von knapp 100 Kollegen im Land aus. Die Kinder sitzen seitdem meist im Regelunterricht. Wo nur zwei Kinder in der Klasse sind, mag das für die Integration noch gut sein, sagt Olle. „Sitzen dort aber sieben Kinder oder acht, wie bei uns, sprechen sie nur noch arabisch.“ Mario Vollack, Leiter der Grundschule Sudenburg, warnt gar vor einer „Ghettoisierung“. Abgrenzungs- tendenzen hat Vollack in seiner Schule schon beobachtet. „Wir bemühen uns Flüchtlingskinder in verschiedenen Lerngruppen unterzubringen.“ Das funktioniere aber nicht, wenn stetig neue Zuwanderer in einzelne Schulen kämen.
Tatsächlich sind Kinder mit Sprachförderbedarf in den Großstadt-Grundschulen besonders häufig, aber auch sehr unterschiedlich verteilt. So gebe es in Magdeburg viele Flüchtlingskinder in der Nähe von Gemeinschaftsunterkünften und in preiswerten Quartieren, sagt Oberbürgermeister Lutz Trümper. In bürgerlichen Quartieren würden dagegen wenige oder gar keine Flüchtlingskinder lernen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in Halle. Dort schwanken die Zahlen laut Sprecher Drago Bock gar zwischen 120 und 0. Die meisten Zuwanderer lernen im Plattenbauviertel Neustadt, gar keine Migranten gibt es dagegen etwa im gründerzeitlichen Paulus-Viertel. Lutz Trümper hält solche Verteilungen für keine gute Lösung. In Magdeburg will er die Einzugsbereiche für Flüchtlingskinder deshalb aufheben und sie auf Grundschulen mit bislang geringeren Zahlen verteilen. „Gerade da hätten sie Chancen mitgenommen zu werden“, sagt er. Zudem würden die Integrations-Aufgaben gerechter auf alle Schulen verteilt.
Auf Unterstützung aus Halle kann Trümper indes nicht zählen. Die Stadt hat sich für einen anderen Weg entschieden. Nötig sei, den Schulen Unterstützung für alle Förderbedarfe zur Verfügung zu stellen, betont Oberbürgermeister Bernd Wiegand. Mit Blick auf die Flüchtlingskinder tue die Stadt dies, indem sie einzelne Schulen bei der Bezahlung von Sprachlehrern unterstützt.
Alexander Pistorius, Sprecher der Lehrergewerkschaft GEW, sieht die Auflösung von Einzugsbereichen ebenfalls skeptisch. „Bestimmt würde sie helfen, Brennpunktschulen zu vermeiden“, sagt er. Andererseits wäre zu klären, wie man Schüler transportiert und Eltern den Schulstandort vermittelt. Am Ende komme es eher auf Konzepte und Personalausstattung an, sagt er. „Im Zweifel kann dann sogar eine Konzentration sinnvoll sein.“
Große Chancen auf Umsetzung hat Trümpers Vorschlag wohl ohnehin nicht. „Eine Öffnung von Schulbezirken der Grundschulen nur für Kinder mit Migrationshintergrund ist nicht möglich“, sagt Stefan Thurmann, Sprecher des Bildungsministeriums. Magdeburg könne lediglich die Schulbezirke für alle Kinder öffnen.
Dem Ziel Trümpers, Flüchtlingskinder gerechter zu verteilen, wäre damit kaum gedient.