Güssau-Nachfolge Wer darf die Glocke läuten?
Nach dem Rücktritt von Landtagspräsident Güssau (CDU) dreht sich das Kandidatenkarussell. Wer hat die besten Karten?
Magdeburg l In der CDU-Fraktionssitzung am Dienstag erklärten die Landtagsabgeordneten Gabriele Brakebusch (62, Oschersleben), Eva Feußner (53, Eckartsberga) und Bernhard Bönisch (63, Halle) ihre Kandidatur für die Nachfolge des zurückgetretenen Landtagspräsidenten Güssau.
Damit kommt es zu einer Kampfabstimmung am nächsten Montag. Auf einer Klausurtagung im Herrenkrug-Hotel in Magdeburg wird die CDU-Landtagsfraktion einen Nachfolger für Güssau vorschlagen. Die CDU hat als stärkste Landtagsfraktion das Vorschlagsrecht für das Präsidentenamt. Geplant ist, dass der neue Landtagspräsident bereits in der Landtagssitzung am 1. September gewählt wird. Für die geheime Wahl reicht im Parlament die einfache Mehrheit.
Der bisherige Landtagspräsident Güssau hatte am Montag im Zusammenhang mit der Stendaler Briefwahlaffäre seinen Rücktritt erklärt. Der Altmärker begründete diesen Schritt damit, dass die Mehrheit der Abgeordneten kein Vertrauen mehr zu ihm habe. Alle Vorwürfe wies er zurück.
Wer hat jetzt die besten Karten auf die Güssau-Nachfolge? Mit Eva Feußner wirft eine erfahrene Parlamentarierin erneut den Hut in den Ring. Schon im März hatte sie sich um das Amt der Landtagspräsidentin beworben. Eine Kampfabstimmung in der CDU-Fraktion verlor sie seinerzeit mit acht zu 17 Stimmen gegen Güssau. Die gebürtige Naumburgerin sitzt seit 1994 im Landtag.
Sie ist umstritten, auch in der eigenen Fraktion. Streitbar sei sie, zu emotional. Einer sagt: „Sie polarisiert, ist manchmal sehr aggressiv.“ Andere finden die direkte Art Feußners gut: „Sie ist eine starke Persönlichkeit, der die Amtsführung zuzutrauen ist“. Im Finanzausschuss habe sie zuletzt eine sehr gute Figur gemacht, berichten Ausschussmitglieder.
Da wäre aber noch eine kleine Schwäche. Mit der Zeit nimmt es die studierte Lehrerin nicht so ganz genau. Ihre Unpünktlichkeit ist fast schon legendär und hat Feußner bereits vor einiger Zeit den Spitznamen „Miss after eight“ eingebracht.
Viele in der CDU räumen indes Gabriele Brakebusch die besten Chancen auf das Präsidentenamt ein. Die Oscherslebenerin war bereits vor der Landtagswahl als Landtagspräsidentin im Gespräch gewesen. Doch in der Union gab es Unmut, weil viele Spitzenämter mit Politikern aus der Börde besetzt sind. Aus dieser Region kommen Innenminister Holger Stahlknecht, Verkehrsminister und Landeschef Thomas Webel und auch Rechnungshofpräsident Kay Barthel. Doch da Hermann Onko Aeikens, ebenfalls in der Börde beheimatet, sein Ministeramt (Agrar/Umwelt) nach der Landtagswahl abgeben musste, dürfte Brakebusch ihre Herkunft diesmal nicht im Wege stehen. Zumal sich aus der Altmark keine personelle Alternative aufdrängt.
Brakebusch gilt parteiübergreifend als ausgleichender Mensch. Womöglich kommt ihr der frühere Beruf als Kita-Leiterin zugute. „Die wird auch keine Leiche im Keller haben“, sagt einer. In diesen Zeiten wird das als starkes Argument gewertet. Doch in der CDU ist sich bei weitem nicht jeder sicher, dass sie das anspruchsvolle Präsidentenamt tatsächlich ausfüllen kann. Ein Eintrag auf ihrer Internetseite legt nahe, dass Brakebusch auch kämpferisch sein kann, Unter dem Stichwort „meine Überzeugungen und Visionen“ steht unter anderem: „Gib nicht auf, wenn dir etwas im Wege steht!“
Dritter im (Bewerber-)Bunde ist Bernhard Bönisch. Ihm werden CDU-intern allerhöchstens Außenseiter-Chancen eingeräumt. Der Hallenser ist vor Ort bekannt, unter anderem trat er zwei Mal als Oberbürgermeisterkandidat in der Saalestadt an – und verlor. Landespolitisch ist der studierte Mathematiker wenig in Erscheinung getreten. In Magdeburg gilt er nicht unbedingt als der Fleißigste. „Die Finanzausschuss-Sitzungen hat er eher durchschlafen“, wird erzählt. In der CDU ist Bönischs häufige Abwesenheit bei Sitzungen beliebtes Läster-Thema.
Bei „Wikipedia“ ist ein in dieser Hinsicht wenig schmeichelhafter Eintrag zu finden. Dort steht unterem anderem der Satz: „Bönisch wird wegen seiner mangelhaften Wahrnehmung seines Landtagsmandats teils heftig kritisiert.“
In der Union ist ein gewisses Unbehagen mit der Kandidatenliste zu verspüren. Einer kommentiert das ernüchtert so: „Jubelstürme ruft das nicht hervor.“