Krankenkassen Kleine Unternehmer in der Schuldenfalle
Versicherte in Sachsen-Anhalt schulden den gesetzlichen Krankenkassen immer mehr Geld. Vor allem Kleinstunternehmer sind betroffen.
Magdeburg l Versicherte in Sachsen-Anhalt schulden den Krankenkassen insgesamt 190 Millionen Euro. Das geht aus einer Aufstellung des Verbands der Ersatzkassen (VDEK) hervor, die der Volksstimme vorliegt. In den vergangenen Jahren gab es demnach einen deutlichen Anstieg. 2014 betrugen die Rückstände gut 105 Millionen Euro, 2015 dann 149 Millionen Euro. Die Summe steige kontinuierlich an, sagt der stellvertretende Leiter der VDEK-Landesvertretung Sachsen-Anhalt, Volker Schmeichel.
Die meisten Beitragsschuldner sind Solo-Selbständige, die zum Beispiel als Paketauslieferer, Kioskbesitzer, Elektriker oder Hausmeister arbeiten. Bei der Krankenversicherung fehlt ihnen der Arbeitgeberanteil, deswegen müssen sie den Versicherungsbeitrag komplett aus eigener Tasche zahlen. Darüber hinaus wird den Solo-Selbständigen zur Berechnung des Beitrags ein Mindesteinkommen von derzeit 2231,25 Euro unterstellt. Doch davon können viele Kleinunternehmer nur träumen. Nur in besonderen Härtefällen, etwa in einer Existenzgründerphase, kann die Bemessungsgrenze noch mal um gut ein Drittel auf 1487,50 Euro gesenkt werden.
Deutschlandweit sind derzeit rund 2,16 Millionen Selbständige gesetzlich versichert. 600 000 von ihnen haben lediglich ein Einkommen von 787 Euro im Monat. 82 Prozent dieser Geringverdiener sind Solo-Selbständige. Drei Bundesländer drängen deshalb im Bundesrat auf Änderungen. „Die Beitragslast der Solo-Selbständigen ist im Vergleich zum erzielten Einkommen zu hoch“, heißt es in einem Entschließungsantrag von Thüringen, Berlin und Brandenburg, der die Länderkammer am vergangenen Freitag beschäftigte. In Sachsen-Anhalt sagt der Landtagsabgeordnete der Linken, Andreas Höppner: „Wir wollen, dass die Beiträge anhand des tatsächlichen Einkommens festgelegt werden.“
Der Magdeburger Gesundheitspolitiker und Bundestagsabgeordnete Tino Sorge (CDU) lehnt eine niedrigere Bemessungsgrenze nicht ab. Allerdings dürfe die Solidarität aller Beitragszahler bei der Krankenversicherung nicht überfordert werden. „Mir ist wichtig, dass wir die gesetzliche Krankenversicherung in Gänze stärken und nicht ständig zusätzliche Ausnahmen schaffen“, erklärte Sorge. Am 22. März soll das Thema erneut im Gesundheitsausschuss im Bundestag auf den Tisch kommen.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sieht die Politik in der Pflicht. Es gebe keine Lösung für Jemanden, der nicht zahlen kann. Wenn der Staat eine Versicherungspflicht vorgebe, müsse er auch mit Steuergeld jenen helfen, die nicht zahlen könnten.