Landtag Gallert fällt im ersten Anlauf durch
Paukenschlag im Magdeburger Landtag: Zum ersten Mal in der Parlamentsgeschichte fällt bei Präsidiumswahlen ein Kandidat zunächst durch.
Magdeburg l Die AfD stellt erstmals in Sachsen-Anhalt einen Landtags-Vizepräsidenten. Daniel Rausch (52) bekam bei der geheimen Wahl 46 Stimmen – und damit rechnerisch 21 Stimmen aus anderen Fraktionen. 34 Abgeordnete stimmten gegen ihn, sieben enthielten sich.
Die Linke hatte angekündigt, gegen Rausch zu stimmen. CDU, SPD und Grüne hatten das Abstimmungsverhalten ihren Abgeordneten überlassen.
Überraschend scheiterte der Bewerber der Linkspartei für den zweiten Vize-Posten, der langjährige Fraktionsvorsitzende Wulf Gallert, im ersten Wahlgang. Er holte zunächst nur 39 Stimmen, 44 Abgeordnete votierten gegen ihn, vier Parlamentarier enthielten sich. Erst nach einer Krisensitzung der Fraktionschefs erreichte Gallert die erforderliche Mehrheit. Im zweiten Anlauf bekam er 45 Ja-Stimmen, 33 Nein-Stimmen und neun Enthaltungen. Danach sagte er: „Es gibt in der CDU-Fraktion offensichtlich eine große Bereitschaft, AfD-Positionen zu unterstützen.“
Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, twitterte: „Ich bezweifele, dass diese Art der Anbiederung die richtige Schlussfolgerung aus dem verheerenden Wahlausgang ist. Für unsere Demokratie war das heute ein Tiefschlag.“
Zuvor hatte das Parlament den CDU-Abgeordneten Hardy Peter Güssau zum Landtagspräsidenten gewählt. Der 53-Jährige erhielt 47 Ja-Stimmen und 35 Nein-Stimmen, fünf Abgeordnete enthielten sich.
Im neuen Landtag sitzen 87 Abgeordnete. Die CDU hat 30 Mandate, die AfD 25 und die Linke 16. Auf die SPD entfallen elf und auf die Grünen fünf Sitze.
Die Wahlergebnisse beeinflussen das Klima in den derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen von CDU, SPD und Grünen. Nachdem Gallert im ersten Anlauf durchgefallen war, sagte Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert: „Das ist eine massive Belastung einer möglichen Zusammenarbeit mit der CDU.“ Sie warf der Union vor, den AfD-Kandidaten mitgewählt, den Kandidaten der Linken aber abgelehnt zu haben. Der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel schrieb bei Twitter: „Wenn ,Respekt vor Amt’ so aussieht, dass man einen völkischen Populisten wählt und einen Linken durchfallen lässt, ist Demokratie in Gefahr.“ Grünen-Politikerin Steffi Lemke erklärte auf Twitter, die Alternative zu Schwarz-Rot-Grün sei „spätestens seit heute eine CDU-AfD-Koalition/Tolerierung“. In Teilen der Union gibt es Sympathien für eine CDU-Minderheitsregierung.
„Natürlich hätte es einen glatteren Start geben können“, sagte Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) nach den Wahlen. Er sehe die Ergebnisse aber nicht als Belastung der Koalitionsverhandlungen. Gegenüber der AfD gelte die Devise „Abgrenzung statt Ausgrenzung“.