Landtagswahl Budde: "Entwicklungen falsch eingeschätzt"
Bei einem DGB-Wahlforum sind die politischen Schwergewichte der im Landtag vertretenen Parteien aufeinander getroffen.
Magdeburg l Reiner Haseloff hat bislang Einladungen zu Wahlforen mit den Spitzenkandidaten der im Landtag vertretenen Parteien stets ausgeschlagen. Diesmal aber macht der Ministerpräsident eine Ausnahme. Bei einer Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am Dienstagabend in Magdeburg sitzt der CDU-Mann mit im Podium.
Das hat eine Vorgeschichte: Im Dezember legte sich DGB-Chef Udo Gebhardt bei einem CDU-Parteitag mächtig für Haseloff ins Zeug. Mit Blick auf den Wahlkampf sagte er: „Dann gib mal Gas, lieber Reiner. Was ich dazu beisteuern kann, werde ich gerne tun.“ Ein Paukenschlag war das. Die Union jubelte, Entsetzen bei der SPD. Gebhardt geriet gewerkschaftsintern unter massiven Druck. Es wird getuschelt, dass er nach der Landtagswahl aus dem Amt gedrängt werden soll.
Haseloffs Auftritt vor 200 Zuhörern ist eine Art Freundschaftsdienst für den DGB-Chef. Jetzt also haben die Spitzenkandidaten Wulf Gallert (Linke), Katrin Budde (SPD) und Claudia Dalbert (Grüne) die Chance, Haseloff in die Mangel zu nehmen. Um es vorwegzunehmen: Die Debatte verläuft sachlich. Und der Regierungschef lässt vereinzelte Attacken von rot-rot-grüner Seite recht locker abperlen.
Gebhardt eröffnet die Runde. Er lächelt Haseloff leicht zu. Budde schaut grimmig drein. Die Kandidaten werden gebeten, sich einen Platz auf dem Podium zu suchen. Erst überraschte Blicke, dann sitzen alle – Katrin Budde in der Mitte. Sozusagen zwischen allen Stühlen. Zu ihrer rechten Seite Reiner Haseloff vom derzeitigen Koalitionspartner. Auf der anderen Seite Claudia Dalbert und Wulf Gallert. Jene beiden also, mit denen sie eine rot-rot-grüne Regierung nach der Landtagswahl am 13. März anstrebt – unter Führung der SPD.
Der DGB hat eine lange Wünsch-dir-was-Liste erarbeitet. Kernthemen sind Wirtschaft, Arbeit, Bildung. Budde gibt in der zweistündigen Diskussion sehr oft Dalbert und Gallert Recht. Einig sind sich die Drei etwa darin, dass Leiharbeit eingeschränkt werden müsse. Befürwortet wird die DGB-Forderung, bei öffentlichen Aufträgen die Bedingung zu stellen, dass maximal zehn Prozent der Mitarbeiter Leiharbeiter sind. Haseloff will das Instrument hingegen nicht zu stark einschränken. Es sei nachgewiesen, dass über Leiharbeit immer wieder der Sprung in dauerhafte Jobs gelinge.
Um Kita-Gebühren geht es auch. Die SPD will Elternbeiträge von maximal 190 Euro im Monat. Budde stichelt gegen Haseloff: „Hier ist das Wort Obergrenze mal angebracht.“ Damit spielt die SPD-Frau darauf an, dass der Regierungschef für Sachsen-Anhalt eine – von Rot-Rot-Grün heftig kritisierte – Integrationsobergrenze von 12 000 Flüchtlingen im Jahr fordert. Sie sagt: „Wir haben manchmal unterschiedliche Ansichten, Herr Ministerpräsident. Gott sei Dank.“ Kunstpause, dann noch mal: „Gott sei Dank.“ Gallert wirft Haseloff in der Flüchtlingspolitik ein „Spiel mit dem Feuer“ vor.
Beim Personalkonzept für den öffentlichen Dienst, das zu Stellenstreichungen vor allem bei Lehrern und Polizisten geführt hatte, setzt sich Budde vom Koalitionspartner CDU ab, aber auch von SPD-Finanzminister Jens Bullerjahn ab. Rein quantitativ sei das Konzept richtig gewesen: „Aber es sind etliche Qualitäten verloren gegangen. Wir haben die Entwicklung falsch eingeschätzt.“ Sie spricht Haseloff direkt an: „Das kann man auch mal zugeben.“ Der sagt, das Konzept sei notwendig gewesen, um handlungsfähig zu bleiben.
Haseloff wirkt konzentriert und lässt sich nicht aus der Reserve locken. Auch nicht vom rhetorisch beschlagenen Gallert. Der wirft ihm etwa vor, 2013 einen „Generalangriff auf die Hochschulen“ unternommen zu haben. Haseloff kontert: „Da muss ich in einem anderen Land gewesen sein.“ Gallert wirbt für Rot-Rot-Grün im Land: „Ich möchte, dass die Positionen von SPD, Grünen und Linken, die sehr nah beieinander liegen, endlich mal eine Mehrheit kriegen und nicht immer durch die CDU in einer Koalition blockiert werden.“ Allerdings: Nach der jüngsten ZDF-Umfrage hat Rot-Rot-Grün derzeit keine Mehrheit.