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  7. Freizeitpartner gesucht: Witwer zum Sonderpreis wird zur Kostenfalle - Seniorin überrumpelt?

Achtung Falle! Witwer zum Sonderpreis wird zur Kostenfalle - wurde Seniorin überrumpelt?

Ein offerierter „jung gebliebener“ Konzertbegleiter entpuppt sich als teure Partneragentur für Freizeitkontakte von Senioren. Aus dem Vertrag herauszukommen ist schwierig.

Von Gudrun Oelze Aktualisiert: 08.04.2024, 13:09
Ein Partner für Theaterbesuche  wurde offeriert.
Ein Partner für Theaterbesuche wurde offeriert. Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Magdeburg. - „Witwer, jung geblieben, sucht Sie für gemeinsame Unternehmungen“. So oder ähnlich lautete der Annoncen-Text, der eine Leserin im Jerichower Land ansprach. Nach dem Tod ihres Mannes fühlte sich die Seniorin einsam, hoffte auf die Bekanntschaft eines Gleichgesinnten, der sie künftig ins Theater, Konzert oder zu Ausflügen begleiten würde.

Agentur hinter Kontaktanzeige: Seniorin unterschreibt teuren Vertrag

Doch unter der in der Rubrik Freizeitpartner angegebenen Telefonnummer meldete sich nicht der ältere, jung gebliebene Konzertliebhaber, sondern eine Vermittlungs- und Beratungs GmbH aus Halle. Ein Vertreter kam bald darauf zu ihr nach Hause – wo sie einen Vertrag unterschrieb, laut dem sie zum „Sonderpreis“ von 3.900 Euro neun Partnervorschläge erhalten würde.

Damit die ersten Adressen unverzüglich bei ihr einträfen, brauche sie nur auf die 14-tägige Widerrufsfrist zu verzichten. Auch das bestätigte die ältere Dame mit ihrer Unterschrift und zahlte gleich eine erste vierstellige Summe. Das bereute sie tags darauf. Denn eigentlich wollte sie doch nur den Konzertliebhaber kontaktieren.

Wie komme sie wohl aus diesem Dienstleistungsvertrag wieder heraus, fragte sie die Leseranwältin und unsere Redaktion daraufhin bei Sachsen-Anhalts Verbraucherberatern nach. Katja Schwaar von der Magdeburger Beratungsstelle sieht für diese Leserin jedoch schlechte Chancen, den Vertrag zu lösen. Während junge Leute längst via Internet Partner suchen, sei es vor allem die ältere Klientel, die auf die per Annonce in Zeitungen versprochenen Freizeit- und Freundschaftskontakte reagiere, weiß Katja Schwaar. „In unseren Beratungsstellen gibt es leider immer wieder Beschwerden wegen solcher Dienstleister’.“

Freiwillig auf Widerrufsrecht verzichtet - Vertrag greift sofort

Doch auch die Juristen bei der Verbraucherzentrale können hier nicht immer helfen. Denn neben dem eigentlichen Vertrag wurden oft weitere Dokumente unterschrieben – wie das zur „Ausführung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist“. Dann könne sofort mit der Vertragserfüllung begonnen werden, statt erst 14 Tage wegen des möglichen Widerrufs abzuwarten, erläutert Katja Schwaar.

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Das Gesetz sehe diese Möglichkeit zum Verzicht vor, damit es zur schnelleren Vertragsabwicklung kommen kann. „Und genau dies hat auch die Leserin im Jerichower Land unterschrieben.“ Ihr wie anderen Kunden seien die Konsequenzen beim Erlöschen des Widerrufsrechtes dabei aber nicht bewusst gewesen. Doch genau darüber müsse der Anbieter transparent informieren, meint die Verbraucherberaterin.

Partnervermittlung für Freizeit - Vertrag vor Unterschrift sorgfältig prüfen

Für betroffene Kunden sei es sehr schwer, sich nach ihrer Unterschrift aus einer solchen Vertragskonstruktion herauszuwinden. Denn vertraglich sei hier ja gar keine klassische Partnervermittlung vereinbart, sondern die Vermittlung von Partnern für Freizeitkontakte. „Dafür greifen die strengen Schutzvorschriften des BGB für Partnerverträge nicht unmittelbar, was Kunden auf Partnersuche aber nicht wissen“, betont Katja Schwaar.

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Darum sei es ratsam, einen solchen Vertrag sehr genau zu lesen, bevor er unterschrieben wird. „Entscheidend ist letztlich nicht, was der Vertreter sagt, sondern was dann tatsächlich schwarz auf weiß im Vertrag steht.“ Darum möglichst einen Zeugen beim Gespräch dabeihaben und die Annonce aufheben, rät die Verbraucherberaterin.

Was wird versprochen, was kostet Geld? Keine Vorkasse

Das sei wichtig, falls es zum Rechtsstreit kommen sollte. Denn der oberste Gerichtshof (BGH) gehe davon aus, dass die Umstände des Einzelfalls zu prüfen sind: Wie ist der Vertrag zustande gekommen? Womit wurde geworben und was versprochen? „Aber all das muss der Kunde erst einmal beweisen, was gar nicht so einfach ist, und natürlich auch den Rechtsweg einschlagen, was Geld kostet“, so die Verbraucherberaterin.

Sie empfiehlt darüber hinaus, keinerlei Vorkasse zu leisten, da diese nicht zur Rückerstattung einklagbar ist, und nicht auf das Widerrufsrecht zu verzichten. „Erhalten Sie sich unbedingt die Bedenkzeit!“, rät die Beraterin.