Schierke-Projekt Der Ton verschärft sich
Im Harzort Schierke wird immer mehr Unmut über das schleppende Genehmigungsverfahren für das Ganzjahresprojekt am Winterberg laut.
Schierke/Magdeburg l Es gibt ihn doch noch: allerschönsten Winter mit Rodel- und Langlaufspaß. Im Brockenort Schierke ist der Bilderbuchwinter im Moment zu erleben. Und das sorgt bei Einwohnern im Wernigeröder Ortsteil nicht nur für Freude wegen voller Quartiere und zufriedener Gäste, sondern lässt auch Unmut aufkommen, weil das Seilbahnprojekt am Winterberg über die Planungsphase noch nicht hinausgekommen ist. Das Raumordnungsverfahren läuft seit Monaten, ohne dass ein Resultat in Sicht ist. Alle weiteren behördlichen Planungsverfahren liegen deshalb auf Eis.
Vor diesem Hintergrund machen Einwohner von Schierke nun mobil. Sie wollen am 7. Februar eine Bürgerinitiative „Pro Winterberg“ gründen, um ihrer Forderung nach „fairer, kompetenter und vor allem unvoreingenommener Prüfung Nachdruck zu verleihen“, wie Werner Vesterling, einer der Hauptinitiatoren, betont. Ihre Kritik machen die Schierker vor allem an der neuen Umweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90/Grüne) fest. Die, so der 77-Jährige, attestiere dem Projekt bereits jetzt unüberbrückbare naturschutzrechtliche Hürden, obwohl genau diese Prüfung aktuell noch laufe. Das, so Vesterling, spreche eben nicht für Unvoreingenommenheit.
Das Winterberg-Projekt selbst wird seit Jahren teilweise kontrovers diskutiert. Viele Schierker sehen in dem mittlerweile zum Ganzjahres-Seilbahnprojekt weiterentwickelten Vorhaben die Chance, den Harzort optimal touristisch zu entwickeln. Angebote für alle Jahreszeiten vorzuhalten, lautet das ambitionierte Ziel. Befürworter haben die Schierker beim Land, das die Entwicklung in und um den Ort insgesamt unterstützt.
Auf der anderen Seite sind Naturschützer, die mit Blick auf das Projekt einen irreparablen Eingriff in die Natur sehen. Im geplanten Trassenbereich der Seilbahn, so ihr Tenor, gebe es Moorwaldflächen, deren Zerstörung nicht kompensierbar wären. Deshalb sehen sie keine Chancen für das Projekt.
In der Tat könnte die Diskussion um jene Flächen im Moorwald, auch Bruchwald genannt, und ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) zum Dreh- und Angelpunkt für oder gegen das 25-Millionen-Euro-Projekt werden. Das wird im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr bestätigt. Es gehe, so ein Sprecher, um die Prüfung, ob und inwieweit Moorwaldflächen im FFH-Gebiet tangiert und damit EU-Schutzrechte bestehen würden.
Das bestätigt Andreas Meling, Projektverantwortlicher der Stadt Wernigerode für Schierke. Meling holt etwas weiter aus und erinnert daran, dass Seilbahn und Piste in einem Gebiet entstehen sollen, das einst zum Nationalpark (NP) gehörte. Um Schierke Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, seien im Jahr 2001 rund 70 Hektar herausgelöst und dem NP andernorts 3000 Hektar zugeschlagen worden. Damals habe man bei dem „für die Natur guten Geschäft“ jedoch versäumt, das FFH-Gebiet und ein Vogelschutzgebiet als Schutzgüter ebenfalls örtlich zu verändern.
Das kann heute zum Aus für das Winterberg-Projekt führen, wenn Moorwälder tangiert werden, die im FFH-Gebiet liegen. „Wir haben das genau kartieren lassen und können dies definitiv ausschließen“, so Meling. „Wir tangieren nur Moorwald außerhalb des FFH.“ Letztlich prüfen muss dies das Landesamt für Umweltschutz (Lau). Mit dem Ergebnis wird täglich gerechnet.
Ungeachtet des offenen Ergebnisses sorgt Umweltministerin Claudia Dalbert im Harz für Verstimmung, weil sie dem Resultat vorweg greift. Tatsächlich wird Dalbert mit Blick auf Schierke mit den Worten „die Pläne sind derzeit schlicht nicht kompatibel mit EU-Recht“ zitiert. Eine Bestätigung für diese Worte, die wohl am Kabinettstisch gefallen sein sollen, gab es aus dem Ministerium nicht. Auf eine konkrete Anfrage hieß es nur: Es sei hinlänglich bekannt, dass Umweltministerin Claudia Dalbert dem Projekt in Schierke skeptisch gegenüberstehe.
Die Schierker fordern einen Runden Tisch unter Moderation von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Der aber hält sich zurück und will die Ergebnisse im Genehmigungsverfahren abwarten.