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Tumulte an der Uni Wolf übt Kritik an Studenten

Nach den Tumulten an der Uni Magdeburg redet nun der Mann, der wegen der Proteste nicht zu Wort kam: Professor Gerald Wolf.

19.01.2017, 23:01

Herr Wolf, vergangene Woche ist eine Veranstaltung an der Uni Magdeburg nach massiven Protesten abgebrochen worden. Haben Sie so etwas schon einmal erlebt?

Gerald Wolf: Nein. Ich bin ein Leben lang gut, ja bestens mit meinen Studenten ausgekommen. Mir sind linke Positionen durchaus geläufig und nicht unsympathisch. Aber so etwas hätte ich nicht für möglich gehalten. Bei diesem Erlebnis dachte ich, ich bin bei den Nazis.

Haben Sie den Protest nicht mit provoziert? Es war doch absehbar, dass eine AfD-Vorlesung zum Thema Geschlechterforschung für Kritik sorgen könnte.

Meinen Vortrag über das männliche und weibliche Gehirn habe ich schon oft und an den unterschiedlichsten Orten gehalten. Nie gab es ein Problem. Diesmal war ich, da mich die AfD eingeladen hatte, durchaus auf Protest eingestellt – aber nicht in dieser entsetzlichen Form. Das Hirnmodell, das ich zur Erläuterung mitgebracht hatte, wurde mir aus der Hand geschlagen! Ich hätte mit den Studenten gern über Inhalte gestritten, jedoch in einer akademisch angemessenen Weise.

Haben Sie sich an diesem Abend von der AfD instrumentalisieren lassen?

Ich lasse mich von jedem instrumentalisieren, der mir eine Bühne bietet, um Themen, die mir als Wissenschaftler am Herzen liegen, zu präsentieren und Debatten anzustoßen.

Die Studenten haben ihre Meinung sehr deutlich mit Transparenten und Buh-Rufen gezeigt. Sie konnten ihren Vortrag nicht beginnen.

Ich bin ja sehr dafür, dass jeder frei seine Meinung äußert. Aber doch nicht in dieser Form! Es war ein totaler Boykott. Die Studenten verteilten Zettel, die zu einer Sitzblockade aufriefen. Der Eingang wurde uns versperrt. Ich bin seit 1979 Hochschullehrer in Magdeburg, das hier ist auch meine Universität. Und die lasse ich mir nicht von Rabauken nehmen!

Diese „Rabauken“ waren nicht nur Studenten, sondern auch die linksextreme Antifa. Sollte man bei den Demonstranten nicht mehr differenzieren?

Sicherlich. Aber klar ist auch: Fast alle im Hörsaal haben mitgemacht und dann den Abbruch der Veranstaltung gefeiert. Als ich mir die Krakeeler, zumal die Vermummten, so ansah, wurde ich an das Zitat des italienischen Kommunisten Ignazio Silone erinnert: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus‘. Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus.‘“ Dies da war für mich Meinungsfaschismus.

Der Dekan der Fakultät für Humanwissenschaften, Michael Dick, hat sich auf die Seite der Studenten gestellt und applaudiert, als Sie den Saal verließen.

Einem solch unakademischen Verhalten zu applaudieren, ist ein Skandal. Auch auf wissenschaftlichen Tagungen geht es oft konträr zu. Das aber wird, mitunter durchaus heftig, in Form sachlichen Debatten ausgetragen. Ich befürchte, die Studenten dieser Fakultät müssen die akademische Diskursfähigkeit erst erlernen.

Was heißt das konkret?

Man hört sich an, was der andere zu sagen hat und setzt sich nicht, wie der Bundestagsabgeordnete Burkhard Lischka empfiehlt, Kopfhörer auf. Danach kann man streiten. Aber nicht mit Geschrei, sondern nur mit Argumenten.

Würden Sie den Vortrag auf Einladung der Campus Alternative in Magdeburg noch einmal halten?

Natürlich. Ebenso gern, wenn mich die Linken dazu einladen. Sollte ich es dann etwa mit extrem rechts gesinnten Schreihälsen zu tun kriegen?