Schwimmen Zubringer für Rio
Florian Wellbrock vom SC Magdeburg feiert in Netanya sein EM-Debüt, Franziska Hentke hat einen deutschen Rekord im Visier.
Magdeburg l Der Mann ist nach eigenem Bekunden 1,89 Meter groß, aber spätestens seit der deutschen Kurzbahn-Meisterschaft in Wuppertal ist das nur die halbe Wahrheit. Als Florian Wellbrock nämlich vor zwölf Tagen aus dem Becken der Schwimmoper gestiegen war, wirkte der 18-Jährige noch riesiger als riesig, was man getrost mit seiner geschwellten stolzen Brust erklären konnte. Die hob Wellbrock nämlich über seine Körpergröße hinaus, nachdem er über 1500 Meter Freistil einen neuen Altersklassenrekord, den zuvor der Hamburger Stefan Pfeiffer 32 Jahre lang hielt, in 14:51,22 Minuten geschwommen war – und direkt zu seiner Premiere bei der Kurzbahn-EM in Netanya außerdem. „Ich habe zwei Fliegen mit einer Klatsche geschlagen“, sagte er im Nachhinein.
Und somit gibt er nun sein zweites Debüt in diesem Jahr, am Montag um 10 Uhr brach die SCM-Reisegruppe um Leiter und Trainer Bernd Berkhahn und Teamgefährtin Franziska Hentke vom Flughafen in Frankfurt (Main) nach Israel auf. Ab Mittwoch sucht Europa seine Kurzbahn-Meister. Erst im Juli hatte Wellbrock seine erste Elite-WM bestritten, im russischen Kasan wurde er sogleich Fünfter im Freiwasser über fünf Kilometer. „Ehrlich gesagt, ist bei mir die Aufregung vor der EM größer als damals“, erklärte er. Aufregung? Da dürfte Berkhahn kurz schmunzeln. Der 44-Jährige weiß: „Florian ist ein absoluter Wettkampftyp.“ Nerven? Nicht vorhanden.
Am Donnerstag stehen für Wellbrock die 1500 Meter Freistil an. Und er wäre happy, wenn der Vorlauf nicht sein letzter Einsatz wäre. 28 Schwimmer sind für diesen Wettkampf gemeldet, darunter Weltmeister und Europameister wie Gregorio Paltrenieri (Italien) oder Gergely Gyurta (Ungarn). Wellbrock startet mit der elftschnellsten gemeldeten Zeit im Feld. Am Freitag ist Finale. Aber das ist nicht sein Ziel, sondern: „Ich möchte unter 14:50 Minuten schwimmen und noch einmal einen Altersklassenrekord aufstellen.“ Das wäre nicht zuletzt ein Fingerzeig für die Langbahn-Saison, in der er sein nächstes Debüt feiern möchte: „Ich will mich für die EM in London im Mai qualifizieren. Auch dafür hat mir Wuppertal einen Motivationsschub gegeben.“
Jeder Motivationsschub ist auch Franziska Hentke recht. Sie startet bereits zum vierten Mal bei einer Kurzbahn-EM, vor zwei Jahren hat sie in Herning (Dänemark) Silber gewonnen über 200 Meter Schmetterling – mit neuer nationaler Bestzeit (2:03,47 Minuten). Zu ihrem Ziel auf ihrer Paradedistanz in Netanya sagt sie: „Wenn dort eine Medaille und ein deutscher Rekord herausspringen, wäre das umso schöner.“
Aber in erster Linie hat sie natürlich Olympia in Rio im Sinn, und dafür „bringt mich jeder internationale Wettbewerb weiter“, erklärt die 26-Jährige. Weil es also ganz gut in den Wettkampfplan in Israel passt, startet sie gleich über vier Strecken: 100 und 200 Meter Schmetterling, 200 und 400 Meter Lagen. Die Lagen und auch die kurze Delfin-Strecke „dienen aber nur als Zubringer für die 200 Meter Schmetterling“, sagt Hentke. „Wenn ich mich trotzdem über die Lagen für Rio qualifizieren sollte, werden wir sehen, wie wir entscheiden.“
Zunächst folgt die Entscheidung in Netanya. Hentke erhält dort einen Eindruck von der Formkurve der europäischen Konkurrenz, die auch an der Copacabana im nächsten August starten wird: wie eine Katinka Hosszu (Ungarn), eine Hannah Miley (Großbritannien) oder eine Lara Grangeon (Frankreich). Und dann weiß auch Hentke, wo sie derzeit steht.
Mittwoch, 2.12.: Franziska Hentke: 400 m Lagen (Vorläufe/Finale) - Donnerstag, 3.12.: Florian Wellbrock: 1500 m Freistil (Vorlauf) - Freitag, 4.12.: Hentke: 200 m Schmetterling (Vorlauf/Finale), 200 m Lagen (Vorlauf) – Wellbrock: 1500 m Freistil (Finale) - Sonnabend, 5.12.: Hentke: 200 m Lagen (Finale) und 100 m Schmetterling (Vorläufe) - Sonntag, 6.12.: Hentke: 100 m Schmetterling (Finale)