Schwimmen In kleinen Zügen nach oben
Florian Wellbrock vom SC Magdeburg hat einen rasanten Aufstieg erlebt. Künftig muss der 19-Jährige in kleineren Schritten denken.
Magdeburg l Die Internetseite des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) bietet einen schönen Service: Man kann sich dort über die Entwicklung und über die Bestzeiten einzelner Athleten erkundigen. Wenn man sich dann dem Athleten Florian Wellbrock widmet, kommt man zu einem rasanten Ergebnis: Im Dezember 2014 schwamm der Magdeburger die 1500 Meter Freistil in 15:46,41 Minuten, im Juni 2015 legte er eine 15:22,63 Minuten vor, im Mai 2016 sicherte er sich in Bestzeit von 14:55,49 Minuten den deutschen Meistertitel und blieb nur 5,13 Sekunden über dem 26 Jahre alten nationalen Rekord des Potsdamers Jörg Hoffmann. Aber was kann man von dem 19-Jährigen im WM-Jahr 2017 erwarten? Jedenfalls kein Ding der biologischen Unmöglichkeit. „Nach dem Boom, mit dem er sich entwickelt hat, kommen nun die kleineren Schritte“, sagt Bernd Berkhahn, der Wellbrock seit Sommer 2014 trainiert: „Das muss er akzeptieren.“
Kurzum: Es wird eher ein schwieriges Jahr für Wellbrock. Es geht nur noch in kleinen Zügen nach oben, die 20-Sekunden-Sprünge von Wettbewerb zu Wettbewerb sind Geschichte. Wellbrock weiß das. Aber das rüttelt nicht an seinem Selbstvertrauen: „Natürlich möchte ich auch in diesem Jahr den deutschen Meistertitel gewinnen, am liebsten mit einer Zeit unter 15 Minuten. Und ich hätte schon ein moralisches Problem damit, wenn ich mich mit einer 15:11 für die Weltmeisterschaft im Juli qualifizieren würde.“
Die nationalen Titelkämpfe werden vom 15. bis 18. Juni in Berlin ausgetragen. Man sagt, dort sei das Wasser besonders schnell. Es war zumindest schnell genug, um Wellbrock 2016 zum Shootingstar zu spülen. Mit der zweitschnellsten Zeit, die je ein deutscher Athlet über die längste Beckendistanz erzielt hat. „Aber die Zeit kriegt man auch nicht hinter geworfen“, weiß Wellbrock. „Die muss man erst mal schwimmen.“
Bei der Meisterschaft 2017 muss er das nicht, um das Ticket nach Budapest zu lösen. Chef-Bundestrainer Henning Lambertz gibt nämlich WM-Normen in zwei Kategorien vor, wovon gerade junge Athleten wie Wellbrock profitieren. Die A-Norm über seine Strecke steht bei 14:55,40 Minuten, quasi eine Punktlandung in Anbetracht seines persönlichen Rekordes. Zudem gibt es eine U-23-Vorgabe, die den Sportlern schon vor dem Start den Druck nimmt und die eine Resignation erst gar nicht zulässt: 15:12,79. Wenn Wellbrock unter dieser Richtzeit bleibt und zudem Meister oder Vizemeister wird, fährt er nach Ungarn. Erleichtert das nicht vieles? „Jein. Es gibt viele Athleten, die auf die U-23-Norm angewiesen sind“, erklärt er. Athleten wie Poul Zellmann (Essen/21) oder Henning Mühlleitner (Schwäbisch Gmünd/19) zum Beispiel. Zwei der Hauptkonkurrenten, Sören Meißner (26) und Ruwen Straub (beide Würzburg/23), fallen indes aus dem U-23-Raster raus.
Wellbrock hat noch beinahe vier Monate, um sich auf den Showdown in Berlin vorzubereiten – derzeit absolviert er das Höhentrainingslager in der Sierra Nevada (Spanien). „Wir werden noch spezifischer trainieren“, berichtet Coach Berkhahn. „Wir werden an der Grundschnelligkeit arbeiten, damit das Tempo insgesamt höher wird“, meint Wellbrock. Denn egal, wie klein die nächsten Schritte seiner Entwicklung sein werden, steht doch für Wellbrock fest: „Wenn es in Berlin eine Überraschung geben sollte, dann hoffe ich, dass ich für sie sorge.“