Landtagswahl Altmark-Liebe auf den zweiten Blick
Juliane Kleemann kandidiert bei der Landtagswahl für die SPD.
Stendal l Sie ist geduldig und gelassen, kann gut auf Leute zugehen. Sie kann es aushalten, wenn die Stimmung in Diskussionen mal mies ist, man sich am Ende aber auf Augenhöhe verabschieden kann. Sie geht durchs Leben mit einem Motto, nach dem sie erzogen worden ist: „Wir gucken das Leben mit fröhlichen Augen an.“ – Das alles sagt Juliane Kleemann über Juliane Kleemann. Das antwortet sie auf die Frage, was sie (unter anderem) für die politische Arbeit mitbringt.
Die Stendalerin wurde 2014 Mitglied der SPD. Politisch aktiv werden, das wollte die 46-Jährige schon länger. Aber als Pfarrerin, die eher neutral agiert, hatte sie diesen Schritt lange hinausgeschoben. Dass die SPD ihre politische Heimat werden würde, war ihr aber schon früh bewusst. „Vielleicht lag es am Familiennamen.“ Sie ist eine geborene Rau. Auch wenn ihre „immer SPD-nahe“ Familie nicht verwandt ist mit der des Ex-Bundespräsidenten, „hieß er bei uns immer Onkel Johannes“.
Dass ihr Bild jetzt an vielen Straßen hängt, „daran muss ich mich erst gewöhnen“, sagt Juliane Kleemann. Denn Wahlkampf ist Neuland für sie. Momentan kann sie sich voll darauf konzentrieren, denn ihre berufliche Tätigkeit ruht. Das Pfarrerdienstgesetz schreibt vor, dass Kandidaten acht Wochen vor dem Wahltermin freizustellen sind.
Dass sie einmal Pfarrerin werden würde, stand so nicht im Lebensplan der Schülerin Juliane. Nach dem Abitur wollte sie Umweltschutztechnik studieren, „in der DDR eher eine Randerscheinung“, doch viele hatten ihr damals, im Jahr 1988, davon abgeraten.
Dann sollte es etwas mit Medizin oder Psychologie sein, und so begann sie eine Ausbildung in der Krankenpflege. Was sie dort gesehen und erlebt hat, habe sie aber zu sehr belastet, sagt sie. In dieser Zeit hat sie sich sehr mit Glaubensfragen beschäftigt, bereitete sich auf ihre Erwachsenentaufe vor. „Damals habe ich für mich die Dinge sortiert.“ Dieses Sortieren führte zum Theologiestudium. „Anfangs eher aus inhaltlichem Interesse, da hatte ich noch nicht den Wunsch, Pfarrerin zu werden.“ Aber sie wurde es, mehrere Stationen folgten (siehe Infokasten).
Seit 2009 ist sie als theologische Referentin bei der Evangelischen Kirche in Deutschland tätig, begleitet Kirchengemeinden und -kreise dabei, sich inhaltlich und strukturell für heutigen Herausforderungen und Anforderungen aufzustellen. Bei ihrer Arbeit habe sie eines gelernt: „Konzentriere dich auf deine Stärken“, wobei die Schwächen nicht vernachlässigt werden dürfen.
„Mein Schreibtisch steht zwar in Dortmund, aber das ist nicht so wichtig“, sagt Juliane Kleemann. Denn sie ist bundesweit unterwegs. Ihr privater Lebensmittelpunkt ist seit 2005 die Altmark. Hierher zog sie zu ihrem Mann, Superintendent Michael Kleemann. Fast wäre sie schon Ende der 1990er hier gelandet. Man hatte ihr nach dem Studium eine Vikariatsstelle in der Altmark angeboten. Damals alleinstehend, hatte die dünnbesiedelte Region für die junge Frau wenig Reiz. Sie zog die Stelle in Halle (Saale) vor.
„Ich habe gelernt, dass man dem ersten Eindruck nicht immer vertrauen sollte.“ Man müsse vielmehr schauen, welche Stärken eine Region hat, die auf den ersten Blick unattraktiv auf Auswärtige wirkt. Und sie hat genau hingeschaut. Sie mag die Bodenständigkeit der Altmärker, die das hegen und pflegen, was ihnen am Herzen liegt. „Und ich finde die Leute hier unwahrscheinlich ehrlich“, sagt die 46-Jährige. Was sie schätzen gelernt hat, ist die landschaftliche Kombination aus Feld, Wald und Fluss, ist die Nähe zu Großstädten. „Stendal ist als Lebensort nicht unattraktiv.“ Ihr Rat: „Redet es nicht zu schlecht.“
Wenn sie ihre Runden durch Stendal macht, dann meist in Begleitung der Hovawarts Gambo und Ida. Regelmäßig kommen große Waldrunden hinzu, dann zieht Juliane Kleemann die Laufschuhe an. Sport hat schon in der Kindheit und Jugend eine große Rolle gespielt. Sie war Leichtathletin, spezialisiert auf Wurfdisziplinen. Wieder zum Speer zu greifen, das reizt die 46-Jährige heute noch. Vielleicht, wenn der Beruf wieder ein regelmäßiges Training erlaubt, würde sie beim Stendaler Leichtathletikverein aktiv werden.
Zeit, die will auch in der Freizeit gut organisiert sein. Denn Juliane Kleemann ist Mitglied im Dombeirat, hat einen ehrenamtlichen Predigtauftrag im Kirchenkreis Stendal (sie vertritt Pfarrerkollegen), ist berufene Bürgerin im Kreis-Sozialausschuss, engagiert sich im Netzwerk „Herz statt Hetze“. Durch ihren Mann hat sie das Motorradfahren für sich entdeckt. Weil sie nicht immer nur hinten sitzen wollte, machte sie 2015 ihren Motorradführerschein. Jetzt ist sie auf einer eigenen Maschine unterwegs.
Entspannung findet sie als Mankell-Fan bei skandinavischen Krimis. Sie mag daran, wie die Kriminalfälle mit gesellschaftlichen Themen verknüpft werden. Stichwort Fan: Sting hört sie gern und Van Morrison, auch die Kölner Band BAP. „Die würde ich gern mal für ein Konzert in eine unserer Kirchen holen“, sagt die Stendalerin. Mit ihrem Mann teilt sie die Leidenschaft für gutes politisches Kabarett. Ganz oben auf der Liste steht Gerhard Polt. Weil er Themen angesprochen hat und anspricht, die erst Jahre später in der öffentlichen Diskussion richtig aktuell wurden oder werden. „Ich habe bei Polt gelernt, meinen politischen Weitblick zu schärfen“, sagt Juliane Kleemann.