Das Stadtoberhaupt verstarb nach schwerer Krankheit am 20. November im Alter von 59 Jahren Hans-Jürgen Zander war vor allem ein Bürgermeister der kleinen Leute
Der Wolmirstedter Bürgermeister Dr. Hans-Jürgen Zander ist gestern im Alter von 59 Jahren nach langer schwerer Krankheit verstorben. Er hinterlässt seine Frau, zwei Kinder und fünf Enkel.
Wolmirstedt l Die Stadtflagge weht auf Halbmast, im Standesamt liegt ein Kondolenzbuch aus. "Wir prüfen die Möglichkeit, ob es ein Kondolenzbuch im Internet geben kann", sagt die amtierende Bürgermeisterin Marlies Cassuhn.
18 Jahre lang, seit dem 7. Juli 1994, war Hans-Jürgen Zander der Bürgermeister von Wolmirstedt. Erst die Krankheit hat ihn im vergangenen Sommer aus dem Amtssessel gezwungen. "Ich vermisse ihn", sagt Otto Zeitke, "er war wie ein Freund zu mir. Und er war immer richtig stolz auf seine Stadt." Diesen Stolz hat der Bürgermeister gerne geteilt. "Oft hat Hans-Jürgen zu mir gesagt: Haben wir das nicht gut gemacht?", erzählt Otto Zeitke. Der Heimatdichter muss jetzt damit fertig werden, dass der 28 Jahre jüngere Freund so früh vor ihm ging. Dennoch weiß Otto Zeitke, dass Hans-Jürgen Zander etwas erlebt hat, was ihm besonders wichtig war: "Die Vorbereitung und Durchführung der 1000-Jahr-Feier 2009 war seine Herzensangelegenheit."
"Ich hätte ihm gewünscht, dass er seinen 60. Geburtstag erlebt", sagt Thomas Webel (CDU). Der wäre am 16. Dezember gewesen. Der Verkehrsminister war lange Landrat, als Hans-Jürgen Zander die Geschicke der Stadt lenkte. "Der Bürgermeister war der Motor der Stadt, hat immer sein Herzblut gegeben. In seiner Zeit hat Wolmirstedt einen großen Entwicklungssprung gemacht", sagt Webel und erinnert an den Bau des Gymnasiums. "Bei der Entscheidung, das Gymnasium in Wolmirstedt zu bauen, haben Hans-Jürgen Zander und ich eng zusammen gestanden."
Hans-Jürgen Zander gehörte zur Fraktion der Freien und unabhängigen Wählergemeinschaft. Rudolf Giersch ist der Vorsitzende dieser Fraktion. "Hans-Jürgen hat immer daran gearbeitet, für Wolmirstedt Fördertöpfe aufzumachen", sagt Giersch, "unter seiner Federführung wurden die Hochhäuser abgerissen, mit denen andere Städte noch immer zu kämpfen haben. Außerdem hat er dafür gesorgt, dass die Innenstadt zum Sanierungsgebiet und dadurch aufgewertet wurde." Als Rudolf Giersch vom Tod des Bürgermeisters erfuhr, verspürte er auch eine große Wut. "Viele Mitglieder des Stadtrates wollten Dr. Zander für sein Lebenswerk öffentlich ehren. Leider haben wir dafür im Rat keinen Konsens gefunden."
"Dr. Zander hat für Wolmirstedt gebrannt."
Gisela Gerling-Köhler
Gisela Gerling-Köhler (FDP)gehörte ebenfalls zu den eifrigen Verfechtern für eine öffentliche Ehrung. Obwohl sie in ihrer Amtszeit als Ortsbürgermeisterin von Glindenberg mit Hans-Jürgen Zander manchmal heftig aneinander geraten war, besonders in der Zeit, als die Frage nach dem Zusammengehen beider Orte ausdiskutiert wurde. Daraus ist keine Feindschaft entstanden, im Gegenteil: "Hans-Jürgen Zander ist eine intellektuelle Persönlichkeit und er hat für Wolmirstedt gebrannt. Und weil er so gebrannt hat, hat er seine Positionen manchmal sehr emotional durchsetzen wollen."
Auch Klaus Mewes (UWG) war einmal Ortsbürgermeister, lenkte die Geschicke von Farsleben und arbeitet seit dem Zusammengehen mit Wolmirstedt im Stadtrat. "Ohne Hans-Jürgen Zander würde Wolmirstedt nicht so sein, wie es heute ist. Ich hoffe, dass dies auch irgendwann seine Anerkennung findet", sagt Mewes. Und noch eins kommt ihm in den Sinn, wenn er an den Bürgermeister denkt: "Ich habe immer mit Erstaunen registriert, welch hohes Ansehen er bei den Einwohnern genießt und wieviel Hochachtung ihm entgegengebracht wurde."
"Er war eigentlich ein Bürgermeister der kleinen Leute", sagt Regina Malsch, langjährige Leiterin der Wolmirstedter Volksstimme-Lokalredaktion. Das bestätigt auch Siegfried Krüger vom Blinden- und Sehbehindertenverband. "Er ist regelmäßig zu unseren Treffen gekommen und hat über Probleme der Stadt Auskunft gegeben und alle Fragen beantwortet." Diese Begegnungen waren keine Einbahnstraße. "Er hat immer seine Verantwortung für uns wahrgenommen", sagt Siegfried Krüger, "nach Begehungen der Stadt wurden beispielsweise die Bürgersteige abgesenkt oder bei der Neugestaltung der Fußgängerzone wurden Riffelsteine verlegt, an denen sich Blinde mit ihrem Stock orientieren können."
Hans-Jürgen Zander war immer streitbar, hat nie ein Blatt vor den Mund genommen, konnte scharfe Worte finden, besonders wenn es darum ging für "seine" Stadt einzustehen. So beschreibt ihn sein Haldensleber Amtskollege Norbert Eichler. Die beiden Bürgermeister saßen zusammen im Kreistag und im Städte- und Gemeindebund. "Wir haben immer für die Interessen der Kommunen gestritten", sagt Norbert Eichler, "beispielsweise dann, wenn es höhere Belastungen der Städte durch die Kreisumlage abzuwenden galt."
"Selbst von seinem Krankenbett aus hat er die Mitarbeiter angerufen und ihnen zum Geburtstag gratuliert."
Marko Kohlrausch
Hans-Jürgen Zander war als Bürgermeister auch Chef der Verwaltung von Wolmirstedt. "Er hatte für alle Beschäftigten ein offenes Ohr", sagt Marko Kohlrausch, der als Personalratsvorsitzender naturgemäß manchmal auf der anderen Seite steht. Doch abgesehen von den unvermeidlichen Konflikten zwischen Verwaltungschef und Personalrat sei die Zusammenarbeit immer sehr konstruktiv gewesen. "Dr. Zander hat sich immer vor seine Mitarbeiter gestellt", sagt Kohlrausch, "und stets versucht, im Sinne der Menschen zu entscheiden." Und eines habe ihm immer wieder Bewunderung abverlangt: "Selbst während seiner Krankheit hat er die Mitarbeiter von zu Hause aus angerufen und ihnen zum Geburtstag gratuliert."
Natürlich ist auch die Arbeit der Lokalzeitung eng mit der Arbeit des Bürgermeisters verbunden. Die Aufbaujahre nach der Wende sind Hans-Jürgen Zander und Regina Malsch gemeinsam gegangen. Manchmal an verschiedenen Ufern, aber es waren immer die Ufer desselben Flusses. "Natürlich waren wir nicht immer einer Meinung", sagt Regina Malsch, "und nicht alles, was in der Zeitung stand, hat ihm gefallen. Aber nachtragend war er nicht."
Sie schätzt an ihm eine Gabe, die nicht jedem Politiker vergönnt ist. "Hans-Jürgen Zander konnte komplizierte Zusammenhänge allgemeinverständlich erklären. Dass ihn die Wolmirstedter mehrmals als ihr Stadtoberhaupt gewählt haben - darüber habe ich immer mit besonderer Freude berichtet. Mir bleibt er in Erinnerung als ein Mann mit messerscharfem Verstand, der manchmal etwas ungeduldig war. Als ein Mensch, mit dem man wunderbar plaudern und von dem man lernen konnte."
In das Kondolenzbuch im Standesamt können sich Bürger am heutigen Mittwoch von 9 bis 16.30 Uhr eintragen, Donnerstag von 9 bis 18 Uhr und am Freitag von 9 bis 12 Uhr.