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Flugzeugabsturz bei Vilnius Terror-Anschlag? BND ermittelt - Videos zeigen Absturz von DHL-Flugzeug aus Leipzig 

Kurz vor dem Flughafen in Vilnius stürzt ein Frachtflugzeug, das im Auftrag von DHL in Leipzig startete, bei einer Notlandung ab. Ein Wohnhaus verfehlte es nur knapp. Was wir bislang wissen - und was nicht.

Von DUR/js/us/dpa Aktualisiert: 25.11.2024, 12:08
Trümmer des Frachtflugszeugs, das kurz vor dem Flughafen von Vilnius abstürzte.
Trümmer des Frachtflugszeugs, das kurz vor dem Flughafen von Vilnius abstürzte. Foto: Mindaugas Kulbis/AP

Leipzig. - Ein in Leipzig gestartetes Frachtflugzeug im Auftrag des Postdienstleisters DHL ist am frühen Morgen in der Nähe des Flughafens der litauischen Hauptstadt Vilnius abgestürzt. Dabei kam mindestens eine Person ums Leben, wie Polizei und Rettungsdienste mitteilten.

Was ist passiert?

Das abstürzende Flugzeug, eine 31 Jahre alte Boeing 737, verfehlte ein Wohngebäude mit schlafenden Menschen nur knapp. Zahlreiche Rettungskräfte waren im Einsatz. 

Die Einsatzkräfte wurden um 5.28 Uhr Ortszeit von dem Absturz informiert. Nach ersten Angaben befanden sich vier Personen in dem Flugzeug. Ein spanischer Staatsangehöriger sei tot, drei weitere Menschen, ein Litaue, ein Deutscher und ein weiterer Spanier, seien verletzt ins Krankenhaus gebracht worden.

Video einer Kamera beim Medium "15min.lt" zeigt Absturz:

Bei dem abgestürzten Frachtflugzeug handelte es sich um eine Maschine der spanischen Fluggesellschaft Swift Air, wie DHL mitteilte. Swift Air sei unter Vertrag für DHL tätig. Etwa einen Kilometer vor dem Flughafen von Vilnius habe die Besatzung eine Notlandung einleiten müssen. Der „Status“ der Besatzung werde noch geklärt, erklärte DHL - „aber unsere Gedanken sind bei ihnen und ihren Angehörigen“. 

Was hatte das DHL-Flugzeug geladen?

Transportiert habe die Maschine Pakete für Kunden, sagte sie der Nachrichtenagentur BNS. Auf Bildern von der Unfallstelle waren vereinzelt Pakete und kaputte Kartons zu sehen. Das Flugzeug sei völlig zerstört, sagte eine Sprecherin des litauischen Rettungsdienstes der Nachrichtenagentur Elta.

Was sind mögliche Ursachen für den Absturz?

Die Suche nach der Absturzursache wird nach Einschätzung des litauischen Polizeichefs einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Besichtigung des Tatorts, die Beweisaufnahme und die Sammlung von Informationen und Objekten könne eine ganze Woche dauern. „Diese Antworten werden nicht so schnell kommen“, sagte Arunas Paulauskas auf einer Pressekonferenz.

Das Flugzeug habe versucht zu landen und die Landebahn nicht erreicht, schilderte Paulauskas. Der Absturz sei „höchstwahrscheinlich auf einen technischen Fehler oder ein menschliches Versagen zurückzuführen“. Zugleich sagte er auf die Nachfrage, ob es sich auch um einen Terroranschlag gehandelt haben könnte, dass ein solches Szenario nicht auszuschließen sei. „Dies ist eine der Versionen des Absturzes, die untersucht und überprüft werden müssen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“

Video beim Medium "15min.lt" zeigt Absturz der DHL-Maschine:

Der Leiter des litauischen Rettungsdienstes, Renatas Pozela, sagte, dass das Frachtflugzeug wenige Kilometer vor dem Flughafen abgestürzt sei, mehrere hundert Meter weit schlitterte und seine Trümmer ein Wohnhaus erfassten. Das Haus habe zwei Etagen und vier Wohnungen. Drei Familien hätten darin gelebt. Alle zwölf Bewohner befänden sich in Sicherheit. 

Die Absturzursache wird ab sofort nicht allein durch litauische Behörden ermittelt. Auch deutsche Experten sind bereits auf dem Weg nach Vilnius, wie die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung aus Braunschweig der MZ am Montag bestätigte. "Wir sind eingeladen worden zu der Untersuchung", sagte Behördensprecher Germout Freitag. "Deshalb nehmen wir daran teil." Das sei durchaus üblich in solchen internationalen Fällen, obwohl die litauischen Behörden federführend zuständig seien. "Vier Kollegen sind auf dem Weg dorthin: zwei im Auto, zwei im Flieger", sagte Freitag. Es gehe darum, die exakte Absturzursache zu ermitteln. Üblicherweise dauere es etwa ein Jahr, bis ein Abschlussbericht vorliege.

Was haben Augenzeugen gesehen?

Eine Frau, die in der Nähe des betroffenen Hauses wohnt, berichtete im litauischen Rundfunk, dass sie am frühen Morgen durch ein Geräusch geweckt worden sei: „Ich habe im Schlaf ein Geräusch gehört, ich schaue aus dem Fenster – alles war rot und voller Funken“. Sie sei sofort losgerannt, um zu sehen, ob jemand Hilfe brauche. Sie stehe unter Schock: „Schrecklich, schrecklich“ sei das Ganze. 

Ein Nachbar erzählte, dass er am frühen Morgen einen Lichtblitz im Hof gesehen habe: „Es gab einen Blitz. Den Aufprall selbst habe ich nicht gesehen, aber der Blitz war sehr hell, er erleuchtete den ganzen Hof, und er war etwa einen Kilometer von mir entfernt. Und dann erschien das Feuer und es gab eine Menge Rauch.“ 

Wie ist der Stand der Ermittlungen?

Der Chef des litauischen Nachrichtendiensts, Darius Jauniskis, sagte nach Angaben litauischer Medien: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nach unserem Kenntnisstand wahrscheinlich zu früh, um den Vorfall mit irgendetwas in Verbindung zu bringen oder ihm irgendwelche Zuschreibungen zu geben.“ Dazu lägen keine vorläufigen Informationen vor. Auch er sagte, die Möglichkeit von Terrorismus könne aber nicht ausgeschlossen werden. Jauniskis versicherte außerdem, dass man auch mit ausländischen Partnern zusammenarbeite.

Deutsche Nachrichtendienste sind bereits dabei, den Vorfall zu untersuchen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) teilte auf MZ-Anfrage am Montagmorgen mit: "Wir stehen mit allen beteiligten Stellen im In- und Ausland im Austausch, um den Sachverhalt schnellstmöglich aufzuklären." Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) sei bereits eingeschaltet, hieß es am Morgen aus deutschen Sicherheitskreisen. Der BND ist der Auslandsnachrichtendienst der Bundesrepublik. Der Geheimdienst stehe seit dem Vormittag bereits in intensivem Austausch mit beteiligten Stellen im In- und Ausland, um den Absturz aufzuklären.

Wer könnte hinter dem Absturz stecken?

Ende August war bekannt geworden, dass deutsche Sicherheitsbehörden vor „unkonventionellen Brandsätzen“ warnen, die von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden. Der Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt (BKA) verschickten seinerzeit einen entsprechenden Warnhinweis an Unternehmen aus der Luftfahrt- und Logistikbranche.

In der Warnmeldung von BfV und BKA kam das Wort Russland nicht vor. Dennoch wird in Sicherheitskreisen ein Zusammenhang mit den zunehmenden Fällen russischer Sabotage in Deutschland nicht ausgeschlossen.

Einsatzkräfte an den Trümmern der abgestürzten Maschine.
Einsatzkräfte an den Trümmern der abgestürzten Maschine.
Foto: Mindaugas Kulbis/AP

Gab es weitere Brandsätze bei DHL?

Die Warnmeldung wurde in Sicherheitskreisen unter anderem mit einem Vorfall im DHL-Logistikzentrum Leipzig in Verbindung gebracht, das als weltweites Drehkreuz des Unternehmens fungiert. Dort soll im Juli ein aus dem Baltikum verschicktes Paket Feuer gefangen haben, das einen Brandsatz enthielt.

Auch in Großbritannien soll am 22. Juli ein Brandsatz in einem Paket, das in einem DHL-Lager in Minworth in der Nähe von Birmingham deponiert war, in Flammen aufgegangen sein. Dort wird eine Verbindung zu russischen Agenten untersucht.