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Hintergrund Aus "politischen Gründen": Deutsche Gefangene in der Türkei

27.09.2018, 13:20
Schon mehr als ein Jahr lang sitzt Enver Altayli ohne Anklage in Einzelhaft. Foto: Familie
Schon mehr als ein Jahr lang sitzt Enver Altayli ohne Anklage in Einzelhaft. Foto: Familie Familie

Istanbul (dpa) - Die Namen Deniz Yücel, Peter Steudtner und Mesale Tolu sind vielen Deutschen bekannt - sie alle waren unter Terrorvorwürfen in der Türkei inhaftiert. Inzwischen sind sie frei und wieder in Deutschland.

Es sitzen aber noch immer deutsche Staatsbürger aus "politischen Gründen" in türkischen Gefängnissen. Die Zahl ist in den vergangenen Wochen von sieben auf fünf gesunken, weil zwei nach Verurteilungen zunächst auf freien Fuß gesetzt wurden.

Einer von ihnen ist der Hamburger Ilhami A., der wegen über Facebook verbreiteter angeblicher Terrorpropaganda für die PKK zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Da sein Anwalt Berufung eingelegt hat, muss der 46-Jährige die Strafe zunächst nicht antreten. Er darf aber nicht ausreisen. Eine weitere Entlassung wurde vergangene Woche bekannt. Um wen es sich dabei handelt, ist unklar. Nach Angaben es Auswärtigen Amts wurde er ebenfalls nach einer Verurteilung auf freien Fuß gesetzt. Außerdem wurden zuletzt zwei Deutsche bei der Einreise in die Türkei für kurze Zeit in Gewahrsam genommen, aber schnell wieder freigelassen.

Diese Menschen sind noch immer inhaftiert:

- Dennis E. (55) aus Hamburg: Im Fall Dennis E. geht es um Facebook-Einträge und den Vorwurf der Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Die türkische Polizei nahm den 55-Jährigen Ende Juli bei einem Besuch im südtürkischen Iskenderun fest, wo er auch inhaftiert ist.

- Hozan Cane (Mitte 40) aus Köln: Polizisten hielten vor den Wahlen Ende Juni einen Bus der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP an und nahmen die kurdischstämmige Sängerin mit dem Künstlernamen Hozan Cane mit. Cane hatte im westtürkischen Edirne eine Wahlkampfveranstaltung der HDP unterstützt. Ihr wird die Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorgeworfen.

- Adil Demirci (Anfang 30) aus Köln: Der Sozialarbeiter war Mitte April in Istanbul festgenommen worden. Er schrieb aus Deutschland frei für die linke Nachrichtenagentur Etha, für die auch Mesale Tolu arbeitete. Wie Tolu wird Demirci Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei vorgeworfen. Die MLKP gilt in der Türkei als Terrororganisation. Der Prozess gegen Demirci soll im November beginnen.

- Patrick K. (29) aus Gießen: Patrick K. war Mitte März nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu im türkisch-syrischen Grenzgebiet festgenommen worden. Anadolu schreibt, er habe sich in Syrien der Kurdenmiliz YPG anschließen wollen. Nach Angaben seiner Familie war K. zum Wandern in der Türkei. Der Prozess gegen Patrick K. soll im Oktober beginnen.

- Enver Altayli (73): Schon mehr als ein Jahr lang sitzt Altayli ohne Anklage in Einzelhaft - seine Familie macht sich Sorgen um seine Gesundheit. Altayli ist Jurist und Schriftsteller und arbeitete in den 60er und 70er Jahren für den türkischen Geheimdienst MIT. Im August 2017 war er in Antalya festgenommen worden, wo die Familie eine Ferienanlage betreibt. Ihm wird Unterstützung der Gülen-Bewegung vorgeworfen, die in der Türkei als Terrororganisation eingestuft ist.