Abschied vom Macho Berliner Türken in der Vätergruppe
Von Sarah Klein
Beim "Väteraufbruch Neukölln" sind die Männer unter sich. Sie reden offen. Kazim Erdogan (57) hat die wöchentlichen Treffen ins Leben gerufen. Er lebt seit 36 Jahren in Deutschland und arbeitet als Psychologe beim Jugendamt Neukölln. Er kennt den klassischen Berliner Migrantenkiez und seine Landsleute. Auch er ist Vater von zwei Töchtern. Erdogan weiß, was türkische Männer bewegt. Ihm ist der Austausch wichtig. Wie können türkische Männer Verantwortung übernehmen? Erdogan weiß aber auch, dass erst wenige türkische Väter ihre Kinder zur Kita bringen oder zum Elternabend in der Schule gehen. "Die Väter stehlen sich aus der Verantwortung, wenn man sie nicht für solche Themen sensibilisiert", sagt Erdogan.
Die Väter folgen seiner Einladung. Viele stellen sich ähnliche Fragen: Welche Rolle habe ich als Mann und Vater, wenn patriarchalische Alltagsstrukturen sich überlebt haben? Der Druck kommt auch von den eigenen Ehefrauen. Viele Türkinnen in Berlin wollen keine Paschas mehr zu Hause. Manchmal sind die eigenen Nöte ein Grund für die Passivität türkischer Männer. Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit und Kommunikationsschwierigkeiten lasten auf vielen.
Das Projekt aus Neukölln ist deutschlandweit einzigartig. Stolz zeigen die Männer die Urkunde herum, mit der ihr Projekt vom Bündnis für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet wurde. Sie erhielten 3500 Euro Preisgeld. Ähnliche Männer- und Vätergruppen sind nun in Duisburg, Dortmund, Köln, Frankfurt/Main und Hamburg geplant. Sogar aus Österreich kamen schon Anfragen.(dpa)