Bundesdrogenbeauftragte Mechthild Dyckmans über den Umgang der Deutschen mit legalen und illegalen Suchtmitteln Das tägliche Katz-und-Maus-Spiel bei synthetischen Drogen
Wenn Mechthild Dyckmans wie am Donnerstag durch Sachsen-Anhalt touren kann, freut sie sich, mal nicht in "Berlin unter der Glocke" zu sitzen. Die FDP-Politikerin und Drogenbeauftragte der Bundesregierung erfährt beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Haldensleben, beim Weißen Ring in Barleben und in einer Magdeburger Suchtklinik, wie Prävention und Suchtbehandlung vor Ort darstellen.
Lob von Dyckmans ernten bei der Opferhilfeorganisation Weißer Ring dessen Projekte "Kinder stärken" und "Sport gegen Gewalt und Drogen". Auf eine Faustregel verweist FDP-Bundestagsabgeordneter Jens Ackermann am Beispiel des Bördekreises: "Wo es Beschäftigung gibt, wie in Haldensleben oder Barleben, sind die Suchtprobleme geringer als etwa in Oschersleben."
Dieter Montag vom Weißen Ring moniert, dass bei den Krimis im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nie ein Hinweis auf den Weißen Ring auftaucht, wohl aber beim Privatsender RTL. Dyckmans bestätigt aus ihrer Erfahrung: "Ja, die sind da zugänglicher."
Ein kleiner Ausschnitt des Arbeitsfeldes der Drogenbeauftragte, das insgesamt Millionen Menschen in Deutschland betrifft. Dyckmanns spricht von 1,3 Millionen Alkoholabhängigen, 15 Millionen Rauchern und 1,4 Medikamentenabhängigen im Bereich legaler Suchtmittel.
Dazu kämen rund 500000 Menschen, die von illegalen Drogen wie Cannabis, Kokain oder Chrystal abhängig seien. Dass diese Zahlen nicht stiegen, führt die Drogenbeauftragte auf die Kombination von Prävention und Suchtbehandlung in Deutschland zurück.
Kein Grund sich zurückzulehnen: "Die synthetischen Drogen machen uns große Probleme", sagt Dyckmans. "In Laboren wird ständig etwas Neues hergestellt. Bei uns kann jede einzelne Substanz nur über das Betäubungsmittelgesetz verboten werden. Dazu bedarf es einer Prüfung. Wird die Substanz dann verboten, ist schon die nächste auf dem Markt. Das ist ein Katz-und-Maus-Spiel."
Im europäischen Vergleich liege Deutschland bei Suchtproblemen im mittleren Bereich, erläutert die FDP-Politikerin aus Kassel. Es gebe einen relativ hohen Alkoholkonsum, selbst im Vergleich zu Weinländern wie Frankreich oder Italien. Bei den illegalen Drogen stehe man besser da als manche anderen Länder. Wie Großbritannien mit weit höherem Kokain- und Heroin-Konsum.
Überhaupt habe jedes Land seine Eigenheiten, betont Dyckmans. "In Tschechien wird Chrystal seit Jahrzehnten konsumiert. Dort ist der Umgang damit auch lockerer. Das liegt auch daran, dass es kaum Geld für die Suchtbehandlung gibt." Die Droge sei im tschechisch-deutschen Grenzgebiet auf dem Vormarsch, also in Bayern, Sachsen und Thüringen bis nach Sachsen-Anhalt hinein. "Es ist aber kein bundesweites Problem bis in die Drogenzentren wie Hamburg oder München."
Erfreulich sei, dass das Rauchen bei Jugendlichen deutlich zurückgedrängt werden konnte, konstatiert die Drogenbeauftragte. "Es ist nicht mehr cool." Sie ist zudem sicher: "Wenn Tabak heute auf den Markt käme, würde er verboten werden wie andere Drogen."