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Halle-Attentäter Aufklärung der Geiselnahme im Gefängnis Burg läuft

Nach der Geiselnahme des Halle-Attentäters werden nach und nach mehr Details bekannt. Die Gefängnisleiterin hat Parlamentariern nun die Vorgänge geschildert. Offen ist aber, womit genau der Täter die Bediensteten in seine Gewalt bringen konnte.

Von dpa Aktualisiert: 16.12.2022, 07:05
Der Tag bricht über der drahtbewährten Mauer der Justizvollzugsanstalt Burg an.
Der Tag bricht über der drahtbewährten Mauer der Justizvollzugsanstalt Burg an. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Burg/Magdeburg - Mit welchem Gegenstand es dem Halle-Attentäter im Gefängnis in Burg nahe Magdeburg gelungen ist, zeitweise zwei Bedienstete als Geiseln zu nehmen, ist noch offen. Anstaltsleiterin Ulrike Hagemann sprach am Mittwoch im Rechtsausschuss des sachsen-anhaltischen Landtags von einem „Ding“, das sie und die Bediensteten nur kurz gesehen hätten. Es habe wie etwas „Selbstgebasteltes“ ausgesehen und ein „schussähnliches Geräusch“ abgegeben. Es sei Aufgabe der Ermittlungsbehörden, zu klären, was der Gefangene damit hätte tun können.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg zog die Ermittlungen am Mittwoch an sich gezogen. Das hänge auch mit der Bedeutung des Falles zusammen, sagte ein Sprecher der Behörde. Der Geiselnehmer wurde verhört. Der 30-Jährige hatte Montagabend zwei Bedienstete in seine Gewalt gebracht und wollte sich den Weg in die Freiheit erzwingen. Er wurde nach weniger als einer Stunde überwältigt.

Die Leiterin des Hochsicherheitsgefängnisses schilderte detailliert die Abläufe. Beim sogenannten Nachtverschluss habe der Gefangene einen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt (JVA) überrumpelt und diesem einen „Gegenstand“ vor die Nase gehalten. Der Gefangene habe gesagt, „wir gehen jetzt raus“. Dieser Aufforderung sei der Bedienstete aus Angst um sein Leben nachgekommen. Durch einen ausgelösten Alarm seien weitere Bedienstete hinzugekommen.

Nach der Öffnung eines Tores durch einen anderen Bediensteten sei der Gefangene auf einen Hof gelangt. Der zweite Bedienstete sei daraufhin als Geisel genommen worden, sagte Hagemann. Weitere Kollegen hätten sich positioniert und den Gefangenen überwältigt, als dieser einen Moment unaufmerksam gewesen sei.

Anstaltsleiterin Hagemann lobte das Vorgehen der JVA-Bediensteten bei der Geiselnahme. Insbesondere ein als Geisel genommener Bediensteter habe sich sehr „geschickt“ verhalten. Dieser habe die Überwältigung des Gefangenen durch seine Kollegen vorbereitet, als dieser kurz unaufmerksam gewesen sei. Es sei alles umgesetzt worden, was man bei Übungen trainiere, sagte Hagemann. Ihr zufolge handelte es sich bei den als Geiseln genommenen Bediensteten um junge Mitarbeiter.

Bereits am Dienstag war der Attentäter und Geiselnehmer von den Ermittlern vernommen worden. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen. Ob sich der Gefangene zum Vorfall geäußert hat, ist bislang unbekannt. „Wir führen intensive Ermittlungen durch“, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA).

Der Halle-Attentäter ist derzeit weiter in einem besonders gesicherten Haftraum in der JVA Burg untergebracht. Eine Verlegung des Gefangenen Stephan Balliet in ein anderes Bundesland steht im Raum. Laut Justizministerium ist das nach einem solchen Vorfall ein übliches Vorgehen.

Der Attentäter war im Dezember 2020 zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Er hatte am 9. Oktober 2019, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, versucht, die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Als es ihm nicht gelang, auf das Gelände zu kommen, ermordete er vor der Synagoge eine 40 Jahre alte Passantin und in einem nahe gelegenem Döner-Imbiss einen 20-Jährigen. Auf der Flucht verletzte er weitere Menschen.

Schon für das Attentat in Halle hatte der Täter Waffen selbst gebaut. Anstaltsleiterin Hagemann sagte, im Gefängnis hätten die Insassen sehr viel Zeit und entwickelten viel Fantasie, wie sie Alltagsgegenstände umbauen und umnutzen könnten. Sie betonte, die Post des Attentäters und Geiselnehmers sei genau kontrolliert worden. Bei Besuchen sei sehr genau hingeschaut worden, um etwa Übergaben verbotener Gegenstände zu verhindern.