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Volksstimme-Interview mit Jan Korte, Fraktionsvize der Linken im deutschen Parlament Der Bundestag arbeitet nicht

06.11.2013, 01:10

Nach der Bundestags-Eröffnung am 22. Oktober herrscht Parlamentspause wegen der Koalitionsverhandlungen. Steffen Honig sprach dazu mit Jan Korte, Linken-Abgeordneter aus Anhalt-Bitterfeld.

Volksstimme: Der Bundestag ist eröffnet, seither herrscht nach außen hin Schweigen im Walde. Passiert hier nichts mehr, solange die Koalitionsverhandlungen laufen?

Jan Korte: Ja, es ist bedauerlich und falsch. Der Bundestag ist konstituiert, er könnte arbeiten. Es gibt genug, was anzupacken ist. Ganz aktuell natürlich auch der NSA-Skandal. Ich habe dafür kein Verständnis. Der Bundestag ist bereit und nur dass SPD und CDU so lange brauchen, darf kein Grund dafür sein, das Parlament nicht arbeiten zu lassen.

Volksstimme: Was will, was kann die Linkspartei in der Opposition leisten?

Korte: Wir sind - und das ist wirklich historisch - Oppositionsführer im Deutschen Bundestag, so es zu einer Großen Koalition kommt. Das ist eine neue Verantwortung. Wir müssen eine harte, konzeptionell durchdachte Oppositionsarbeit machen. Wir müssen klarmachen: Zu all dem, was die Große Koalition des Stillstandes macht, gibt es Alternativen. Opposition können wir nun wirklich gut.

Volksstimme: Sie wollten allerdings lieber auch mal regieren.

Korte: Das ist richtig. Es ist das große Drama, dass die SPD im Bund so wie in Sachsen-Anhalt auch nicht bereit ist, eine andere Politik zu machen. Sie bleibt der Wurmfortsatz der CDU. Es gibt in Sachsen-Anhalt eine rot-rote, in der Bundesrepublik eine rot-rot-grüne Mehrheit. Und wenn schon nicht im Bund, sollte die SPD wenigstens in Hessen mit uns die Chance für einen Politikwechsel wahrnehmen.

Volksstimme: Mit der Initiative für ein Snowden-Asyl versucht die Linke, auch eine Brücke zur SPD zu bauen. Ist das dann nicht vergebliche Liebesmüh?

Korte: Die Linke wird weiter Druck machen. Wir müssen der SPD immer vor Augen halten, was zusammen möglich wäre. Wir könnten jetzt den Mindestlohn einführen - es gibt eine Mehrheit dafür im Bundestag. Die SPD scheint so leidensfähig zu sein, dass sie erneut in eine Große Koalition geht. Sie wird ihre Quittung dafür bekommen.

Volksstimme: Wie sind die Drähte zur zweiten Oppositionspartei, den Grünen?

Korte: Zum neuen Fraktionschef Anton Hofreiter habe ich persönlich einen sehr engen Draht, weil er in der letzten Legislaturperiode auch zu unserer Runde rot-rot-grüner jüngerer Abgeordneter gehörte. Aber wir sind die Oppositionsführer und jeder ist eigenständig. Wir versuchen uns natürlich - wie jetzt beim geplanten NSA-Untersuchungsausschuss - vernünftig abzustimmen.

Volksstimme: Fühlen Sie sich im Regierungsviertel nach den Enthüllungen über die NSA-Spionage verunsicherter als vorher?

Korte: Ich fühle mich nicht verunsichert. Es ist nicht so überraschend, was die Geheimdienste treiben. Das Problem sind die Auswirkungen auf die Gesellschaft, dass Leute nicht mehr frei kommunizieren können. Das ist ein Demokratie-Problem und dagegen müssen wir angehen.

Volksstimme: Welche Chancen sehen Sie zumindest für eine Snowden-Aussage in Deutschland?

Korte: Auch das hängt vom politischen Willen ab, rechtliche Hindernisse gibt es nicht. Wir wollen Snowden laut Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes einladen. CDU/CSU und SPD sind offenbar nicht bereit, ihn hierher nach Deutschland zu holen. Das ist eine sehr traurige Entwicklung und eine fahrlässig liegengelassene Chance zur Aufklärung.