Bundestagswahlkampf Habeck wehrt sich gegen Plagiatsvorwürfe
Grünen-Kanzlerkandidat Habeck ist ins Visier eines Plagiatssuchers geraten. Es geht um seine Dissertation. Der Minister geht in die Offensive.
![Grünen-Kanzlerkandidat Habeck wehrt sich gegen Plagiatsvorwürfe](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/10/a2ed26e9-736c-4a0a-8f1b-4d256e995b90.jpeg?w=1024&auto=format)
Berlin - Knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat die Universität Hamburg Plagiatsvorwürfe gegen den Grünen-Kanzlerkandidaten Robert Habeck entkräftet. Es liege kein wissenschaftliches Fehlverhalten vor, teilte die Hochschule mit. Dabei geht es um Habecks 2001 veröffentlichte Doktorarbeit „Die Natur der Literatur“. Hintergrund sind Vorwürfe des österreichischen Plagiatssuchers Stefan Weber.
Habeck ging bereits vor der Veröffentlichung der Vorwürfe durch Weber in die Offensive. Der Bundeswirtschaftsminister sagte in einem in sozialen Medien veröffentlichten Video, ihm seien im Januar eine Reihe sehr spezifischer Vorwürfe zugetragen worden. „Dabei geht es nicht, wie sonst, um Textplagiate, sondern um Ungenauigkeiten in den Fußnoten“, so Habeck. Er habe, gleich nachdem ihm das bekannt wurde, die Ombudsstelle der Universität Hamburg um Sichtung und Prüfung seiner Dissertation und speziell der konkreten Vorwürfe gebeten. Im ZDF sprach Habeck von haltlosen Vorwürfen.
Universität: Kein Fehlverhalten
Die Universität teilte mit, es sei festgestellt worden, dass gemäß ihren Regeln kein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliege, da „weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gegen die Standards der guten wissenschaftlichen Praxis verstoßen wurde“. Die Eigenständigkeit der Forschungsleistung sei bestätigt worden. Habeck seien zusätzlich Empfehlungen zur Überarbeitung einzelner Zitate und Fußnoten der Dissertation übermittelt worden. „Diese Empfehlungen beruhen auf den heutigen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, welche zum Zeitpunkt der Erstellung der Arbeit zum Teil noch nicht in gleicher Weise formalisiert waren.“
Weiter hieß es von der Uni, die Ombudsstelle habe von Habeck inzwischen neue Hinweise zur Doktorarbeit erreicht. Diese würden aktuell ebenfalls sorgfältig begutachtet und fachlich eingeordnet. Habeck sprach von weiteren Fußnoten, die Weber bemängele. Das meiste sei deckungsgleich mit dem, was die Hochschule schon gründlich geprüft und bewertet habe.
Plagiatssucher: Habeck schwindelt
Weber warf Habeck auf der Plattform X vor, zu schwindeln. Es gehe nicht um Ungenauigkeiten in den Fußnoten. „Sie haben methodisch eine Quellenarbeit simuliert, die nicht stattgefunden hat.“ Habeck habe sehr wohl auch Textfragmente plagiiert.
In seiner veröffentlichten Untersuchung spricht Weber von 128 „Quellen-, Zitats- und Textplagiaten“. Die Rede ist von einem „Anschein der Belesenheit“: Habeck habe die Werke von Autoren wie Primärquellen zitiert, aber diese offensichtlich nie als Originalquellen konsultiert und offensichtlich nie gelesen - da die Quellenangaben nachweislich von anderen, ungenannten Werken abgeschrieben worden seien. Webers Fazit: „Die Quellenarbeit von Robert Habeck ist in Summe als verfehlt und unwissenschaftlich zu bezeichnen.“
Habeck wehrt sich gegen Vorwürfe gegen seine Frau
Habeck sagte, Weber werde auch Vorwürfe gegen die Doktorarbeit seiner Frau erheben. Seine Frau kandidiere aber für kein politisches Mandat. „Sie ist nicht Teil des Wahlkampfs. Ich bitte also darum, meine Familie rauszuhalten.“
Er wisse, dass sich der Plagiatsjäger Weber seit Jahren mit seiner Doktorarbeit beschäftige, so Habeck. „Wer ihn beauftragt hat und wer ihn bezahlt, das weiß ich nicht.“ Grünen-Wahlkampfmanager Andreas Audretsch sagte, es gebe Akteure und Gruppen, die versuchten, mit Desinformationskampagnen die Bundestagswahl zu beeinflussen.
Habeck fragt Akademie Leopoldina um Rat
Der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Gerald Haug, erklärte, Habeck habe ihn persönlich um Rat gebeten. Dass es sich bei der Dissertation um eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit handle, die auf Basis eigener Forschung neue Erkenntnisse erziele, sei seit der Promotion im Jahr 2000 nicht angezweifelt worden. „Daran hat sich durch die neuerdings erhobenen Vorwürfe gegen Habecks Promotionsleistung, die er mir bereits im Januar gegenüber dargebracht hat, nichts geändert.“
Weiter erklärte Haug: „Aus der Überprüfung der Vorwürfe gegen Robert Habeck einen wissenschaftlichen Skandal machen zu wollen, wäre nicht zu rechtfertigen. Dass die Vorwürfe gegen Habeck jetzt – kurz vor der Bundestagswahl – erhoben werden, ist gewiss kein Zufall, sondern politisch motiviert. Eine wissenschaftsinterne Überprüfung von Doktorarbeiten auf diese Weise zu instrumentalisieren, wäre der eigentliche Skandal.“ Haug ist Klimaforscher und Direktor der Abteilung Klimageochemie am Max-Planck-Institut für Chemie.
Schon früher Vorwürfe Webers
Im Sommer 2021 und damit wenige Monate vor der Bundestagswahl hatte Weber Vorwürfe gegen die damalige Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock erhoben. Dabei ging es um Baerbocks Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“. Weber hatte im Sommer 2021 auch kritisiert, der damalige Unionskanzlerkandidat Armin Laschet habe in seinem Buch „Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance“ Stellen unzitiert übernommen.