AfD-Politiker vor Gericht Höcke erneut wegen Nazi-Parole zu Geldstrafe verurteilt
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke sieht sich ein zweites Mal zu Unrecht angeklagt. Das Gericht kommt wieder zum Schluss: Der Politiker setzte eine NS-Parole wohl kalkuliert ein.
Halle - Zum zweiten Mal steht Thüringens AfD-Chef Björn Höcke wegen der Verwendung einer verbotenen Nazi-Parole vor Gericht. Zum zweiten Mal beteuert er vehement und mit vielen Worten seine Unschuld. Durchsetzen kann sich der 52-Jährige nicht. Das Landgericht Halle verurteilt ihn erneut zu einer Geldstrafe.
Wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen soll Höcke 130 Tagessätze zu je 130 Euro zahlen. Seine Anwälte wollen in den nächsten Tagen entscheiden, ob sie Revision einlegen. Sie hatten einen Freispruch gefordert.
Richter weist Vorwurf der politischen Justiz zurück
Höcke habe gewusst, dass er sich mit der Verwendung des Spruchs „Alles für Deutschland“ strafbar mache, sagte der Vorsitzende Richter Jan Stengel. Er wies zudem Vorhaltungen von Höcke zurück, dass dieser das Opfer einer politischen Justiz werde.
Der AfD-Politiker hatte in seinem mehr als halbstündigen Schlusswort gesagt, dass es sein subjektives Gefühl sei, dass er „mundtot“ gemacht werden solle. Richter Stengel sagte, er überprüfe seit mehr als 30 Jahren alte DDR-Urteile auf Rechtsstaatswidrigkeit. Dort seien ihm viele echte politische Entscheidungen begegnet.
Im konkreten Fall geht es um die Parole „Alles für Deutschland“. Sie wurde einst von der Sturmabteilung (SA) verwendet, der paramilitärischen Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP. Höcke stimmte sie im Dezember 2023 bei einem AfD-Stammtisch im thüringischen Gera an, vor rund 350 Menschen. Der Politiker sprach dabei die ersten beiden Worte aus - das Publikum ergänzte das dritte Wort. Da war Höcke und vermutlich auch den Anwesenden beim Stammtisch schon klar, dass gegen ihn wegen derselben Parole ein Strafverfahren läuft. Der Parteichef nutzte sie auch im Mai 2021 bei einer Wahlkampfveranstaltung im sachsen-anhaltischen Merseburg.
Im ersten Prozess, der Mitte Mai mit einem Schuldspruch endete, hatte Höcke noch argumentiert, er habe die Nazi-Parole gar nicht gekannt. Seine Rede sei spontan formuliert gewesen. Das Argument konnte Höcke nun nicht mehr bringen. Stattdessen versuchten seine Verteidiger deutlich zu machen, dass der Spruch nur eine untergeordnete Rolle bei der SA gespielt habe und bis in die jüngste Zeit viele andere Menschen den Spruch verwendeten, ohne strafrechtlich belangt zu werden. Höcke sei überrascht gewesen, dass das Publikum die Losung vervollständigte.
Staatsanwaltschaft forderte Bewährungsstrafe
Die Staatsanwaltschaft hatte für Höcke eine Bewährungsstrafe und eine Geldauflage gefordert. Sie beantragte acht Monate Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden solle. Zudem solle Höcke 10 000 Euro an eine gemeinnützige Vereinigung wie etwa die KZ-Gedenkstätte Buchenwald zahlen, sagte Staatsanwalt Benedikt Bernzen in seinem Plädoyer.
„Herr Höcke hat die Rede nur als Vorwand genutzt, um die Parole erneut zu verbreiten“, befand Bernzen. Der Politiker habe gewusst, dass die Rede anschließend im Internet Verbreitung finden würde. Bernzen hätte auch auf eine Anordnung des Gerichts plädiert, dass Höcke zwei Jahre keine öffentlichen Ämter bekleiden dürfe. Dieser Forderung kam das Gericht nicht nach. „Es reicht die Geldstrafe aus“, sagte Richter Stengel.
Verteidiger: „ungewollter Zuruf“ des Publikums
Der Verteidiger Florian Gempe betonte, Höcke habe an der bestimmten Stelle abgebrochen und die Formel gerade nicht ausgesprochen, um eine Strafbarkeit zu vermeiden. Er sprach von einem „ungewollten Zuruf“ des Publikums.
Der Verteidiger kritisierte zudem, dass kein Gutachter gehört wurde. Dabei hatte das Gericht das selbst zunächst gewollt. Einem Historiker war abgesagt worden, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er sich negativ über die AfD geäußert hatte.
Erstes Urteil fiel im Mai
Wegen desselben Spruchs war Höcke am 14. Mai bereits zu einer Geldstrafe von insgesamt 13.000 Euro verurteilt worden. Er hatte die Parole im Mai 2021 bei einer Wahlkampfveranstaltung im sachsen-anhaltischen Merseburg genutzt. Rechtskräftig ist die Entscheidung nicht, denn Höcke legte Revision ein.
Für Höcke ist der zweite Prozess in Halle noch nicht der letzte. Das Landgericht Mühlhausen in Thüringen hat eine Anklage gegen den Politiker wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Es geht um einen Telegram-Post von Höcke aus dem Jahr 2022 zu einer Gewalttat in Ludwigshafen und das angebliche Verhalten vieler Einwanderer. Verhandlungstermine stehen noch nicht fest.
Bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September will der frühere Geschichtslehrer als AfD-Spitzenkandidat ins Rennen gehen. Seine Partei wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.