Wahlwiederholung Politikwissenschaftler: Gute Argumente für komplette Wahl
Berlin - Aus Sicht des Politikwissenschaftlers Arndt Leininger gibt es gute Argumente für eine vollständige Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl. „Wenn man einzelne Wählende in Kenntnis eines zu guten Teilen feststehenden Gesamtergebnisses neu wählen lassen würde, wäre das eine seltsame und demokratietheoretisch unschöne Situation“, sagte er der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „nd.Der Tag“ (Donnerstag).
Allerdings gebe es auch Schwierigkeiten: „Natürlich ist es problematisch, wenn nun auch in Wahllokalen, in denen die Landtagswahl fehlerfrei verlief, die Wähler erneut an die Urnen geschickt werden“, sagte der Juniorprofessor von der TU Chemnitz. Außerdem stelle das Urteil die Parteien vor große Herausforderungen. „Sie müssen nun innerhalb kurzer Zeit einen Wahlkampf gestalten.“
Dass das Gericht zu der Einschätzung komme, dass der Wahlprozess an und für sich fehlerhaft gewesen sei, sei neu, sagte Leininger. „Bisher waren einzelne Fehler immer über eine Teilwiederholung gelöst worden, wie es auch der Bundestag vorsieht mit Blick auf die Bundestagswahl.“
Der Berliner Verfassungsgerichtshof entschied am Mittwoch, dass die Berliner Wahl zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten vom September 2021 wegen der zahlreichen Wahlpannen komplett wiederholt werden muss. Ob sich die Mehrheitsverhältnisse bei der Wiederholungswahl gravierend ändern, ist offen. Aus Leiningers Sicht hängt viel davon ab, wie mobilisierungsfähig die Parteien sein werden. „Das Grünen-Milieu hat eine höhere Bereitschaft, an einer Wahl teilzunehmen, wann immer dazu aufgerufen wird, auch wenn es eine Wiederholungswahl im kalten Februar ist“, sagte Leininger. „Von daher würde ich die Grünen etwas im Vorteil sehen.“