Gerichtsprozess Prozess gegen Gil Ofarim auf unbestimmte Zeit verschoben
In einer Woche sollte der Musiker Gil Ofarim vor Gericht stehen: Er hatte Antisemitismus-Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels erhoben. Die Justiz glaubte ihm aber nicht - und klagte den 40-Jährigen an. Der Prozess ist nun aber vorerst abgesagt.
Leipzig - Überraschung kurz vor dem Prozess gegen den Musiker Gil Ofarim: Das Gerichtsverfahren gegen den 40-Jährigen wegen seiner Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein Leipziger Hotel ist zunächst geplatzt. Die geplanten Termine für die Hauptverhandlung vom 24. Oktober bis Ende November wurden aufgehoben, wie das Landgericht Leipzig am Montag mitteilte. Begründet wird dies mit einer Fürsorgepflicht für den Angeklagten. Außerdem brachte das Gericht einen Täter-Opfer-Ausgleich ins Gespräch. Eine Einigung in dem außergerichtlichen Verfahren kann strafmildernd wirken.
Damit tritt das Landgericht in dem Verfahren auf die Bremse, um die Gemüter zu beruhigen. Es sollen zunächst alle offenen Fragen geklärt werden, wie ein Sprecher auf Anfrage sagte. Weil die zuständige Strafkammer mit Haftsachen derzeit ausgelastet ist, sei mit neuen Terminen frühestens in einem halben Jahr zu rechnen.
Ofarim, der aus München stammt, hatte vor einem Jahr in einem viralen Video geschildert, dass ein Mitarbeiter eines Leipziger Hotels ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hat sich der Vorfall aber nicht so zugetragen. Der betroffene Mitarbeiter hatte Anzeige wegen Verleumdung erstattet und tritt als Nebenkläger auf.
Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für Ofarim die Unschuldsvermutung. Der 40-Jährige hatte sich zuletzt nicht mehr öffentlich geäußert.
Die Zeit solle nun genutzt werden, um über eine weitere Anklageerhebung gegen Ofarim zu entscheiden. Dabei geht es um falsche eidesstattliche Versicherung sowie Betrug und versuchten Betrug. Zudem habe der Nebenkläger einen umfangreichen Adhäsionsantrag gestellt. Generell geht es dabei um zivilrechtliche Ansprüche wie Schadensersatz und Schmerzensgeld. Zum Inhalt wollte sich das Gericht nicht äußern.
„Ein Täter-Opfer-Ausgleich kommt für uns gar nicht infrage. Wir streben einen absoluten Freispruch für unseren Mandanten an“, sagte der Verteidiger Ofarims, Alexander Stevens auf dpa-Anfrage. In dem Verfahren stehe Aussage gegen Aussage. Mit der jetzigen Entscheidung des Gerichts sei das wichtigste Ziel der Verteidigung erreicht, den Prozess erst einmal zu stoppen.
Auslöser des juristischen Tauziehens in den vergangenen Wochen war, dass die Wahl-Verteidiger des Musikers den Vorsitzenden Richter am Landgericht Leipzig als befangen ablehnten. Das Gericht hatte diese Anträge jedoch als unbegründet zurückgewiesen und unter Mitwirken des Kammervorsitzenden umgehend das Hauptverfahren eröffnet, obwohl dessen Ablehnungsgesuch noch nicht rechtskräftig entschieden worden war. Das Oberlandesgericht hatte die Beschwerden dagegen am vergangenen Freitag abgelehnt.