Coronavirus Virologe Kekulé klärt auf: Stagnierende Corona-Zahlen und die Gefahr einer Herbst-Welle
Laut Virologe Alexander Kekulé werde die Corona-Infektionszahlen in den kommenden Wochen auf einem gleichbleibenden Niveau stagnieren. Er sieht zudem für jetzt schon ein Ende der Maskenpflicht und räumt in seinem Podcast mit hartnäckigen Gerüchten auf.
Halle - Die Corona-Zahlen sinken in ganz Sachsen-Anhalt, viele Lockerungen werden beschlossen oder sollen bald folgen. Im Podcast “Kekulés Corona-Kompass” von MDR Aktuell, erklärt Virologe Alexander Kekulé, warum die Corona-Infektionszahlen auf einem gleichbleibenden Niveau bleiben werden. Er erwartet, dass die Zahlen in den kommenden Wochen stagnieren.
Das habe vor allem einen Grund. Kekulé: „Wir leben in sozialen Blasen, die untereinander nicht so viel Kontakt haben, die sich unterschiedlich verhalten und schützen.“ Sogenannte Subpopulationen. Bis Menschen immunisiert seien, die der Impfung kritisch gegenüber stehen, dauere es noch eine Weile, so der Virologe.
Niemanden gelinge es akkurat solche Subpopulationen auszumachen - zumindest nicht hierzulande, so der Wissenschaftler. Zu wenig und zu wenig detaillierte Daten seien unter anderem das Problem, um das Virus endgültig in den Griff zu bekommen. Laut Kekulé könne man im Ausland mithilfe großer Mengen von Daten besser mit der Pandemie umgehen. Er sagt: “Solche Probleme werden uns im Herbst auf die Füße fallen.”
Die Zahlen steigen erst einmal nicht großartig an, unterstreicht Kekulé. Jedoch rechne er fest mit einer weiteren Welle im kommenden Herbst. Das könnte geschehen, so der Wissenschaftler, wenn man es nicht schaffe, Menschen zu erreichen, die ein hohes Ansteckungsrisiko haben und sich “möglicherweise nicht immer ganz vernünftig verhalten”. Auch die Einschleppung von Coronaviren aus dem Ausland und die Infektionskontrolle am Arbeitsplatz seien entscheidend.
Fragen und Antworten
Viele Menschen beschäftigen sich mit den alltäglichen Fragen, rund um das Thema Coronavirus. Gerüchte wabern durch das Netz, die der Virologe in seinem Podcast aufzuklären versucht. In der Folge vom 29. Mai stellt er sich einigen Fragen von Zuhörern.
Zwei verschiedene Impfstoffe
Eine 61-Jahre alte Frau erhielt nach eigener Aussage die Erstimpfung mit Astrazeneca-Impfstoff. Diesen habe sie gut vertragen, möchte für die Zweitimpfung jedoch einen Impfstoff eines anderen Herstellers. Ob sie das aussuchen dürfe?
Kekulé macht klar, dass es in der Summe einen höheren Schutz gebe, wenn erst ein sogenannter Vektor-Impfstoff und später ein mRNA-Impfstoff verimpft werde. „Rein medizinisch spricht nichts dagegen“, sagt Kekulé. Sollte jedoch beim Arzt oder im Impfzentrum nur Astrazeneca vorhanden sein, empfiehlt er die Verimpfung dieses Stoffes.
Auch der Impferfolg spielt bei vielen eine wesentliche Rolle. Ein andere Zuhörerin, muss ihre Zweitimpfung wegen eines Urlaubs um zwei Wochen nach hinten schieben. Virologe Kekulé unterstreicht, dass dies „höchstens positive Konsequenzen“ auf den Impferfolg haben könne, „da wir wissen, dass eine etwas spätere Zweitimpfung tendenziell den Immunschutz eher verstärkt.“ Abhängig, so betont er, vom eigenen Verhalten in diesen zwei Wochen – von einem Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff, zum Beispiel, oder einem „Partykeller auf den Balearen“ rät er dementsprechend ab.
Gerüchte und gezielte Desinformation
Nach der Impfung sollte man sich nicht in die Sonne legen. So die Meinung mancher und die Frage einer weiteren Zuhörerin. Die Impfung sei für den Körper eine Stresssituation, betont Kekulé. Man solle Alkohol- und Drogenexzesse, schwere Arbeit und Stress vermeiden. In die Sonne gehen sei kein Problem, wenn dies in Maßen geschehe – zumindest bis zwei Tage nach der Impfung.
Ein weiteres Gerücht lautet, dass man nach der Corona-Impfung anfälliger für Coronaviren sei. "Das ist Unsinn", sagt der Virologe. Und weiter: „Ja, man kann sich immer noch infizieren und kann immer noch unter Umständen auch mal so viel Virus ausscheiden, dass man einen Ungeimpften anstecken kann. Aber das ist wesentlich weniger wahrscheinlich, wenn man geimpft ist.“ Ein Gerücht, so sagt er.
Zudem meine er eine „systematische Desinformations-Kampagne“ ausgemacht zu haben, unter anderem gegen die Wirksamkeit des Biotech-Impfstoffs - diese soll nicht oder nur schlecht vorhanden sein, so die Annahme. „Da muss man aufpassen“, so Kekulé.
Das Ende der Maskenpflicht?
„In einigen Bereichen können wir sofort darauf verzichten“, antwortet der Virologe auf die Frage, die wohl sehr viele beschäftigt, dem Ende der Maskenpflicht. Er ergänzt: „Indem wir gründlich testen. Wir brauchen nur das Testen, die Nachverfolgung und den Schutz von Risikogruppen.“
Ein, eigentlich, altes Konzept, betont der Wissenschaftler. „Die Maskenpflicht besteht nur, wenn man anonym auf andere Menschen trifft und man nicht sicher sein kann, ob diese anderen Personen zur Risikogruppe gehören und möglicherweise ungeimpft sind. Wie im öffentlichen Nahverkehr. Dort ist es weiterhin sinnvoll.“ An Schulen, zum Beispiel, könne die Maskenpflicht gekippt werden - sofort. Voraussetzungen dafür: alle sind getestet, das Virus ist nachverfolgbar, die Inzidenz ist niedrig und Risikogruppen sind geschützt.