Protestgruppe Wieder Dutzende Klima-Aktivisten bei Blockaden in Berlin
Tagein, tagaus gelingt es der Gruppe „Letzte Generation“, Straßen zu blockieren. Die Politik ist empört. Und auch die Gewerkschaft der Polizei fordert schärfere Instrumente.
Berlin - Klimaaktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ haben am Montag wieder wichtige Autobahnzufahrten in Berlin blockiert. Die Polizei sprach von sechs Einsatzorten zwischen 08.00 Uhr und 11.20 Uhr. Eine Person habe sich auf einer Schilderbrücke über der A115 festgeklebt, die übrigen Teilnehmer hätten Fahrbahnen blockiert. Nachmittags kam eine weitere Blockade mit drei Aktivisten am Innsbrucker Platz hinzu. Die Polizei registrierte insgesamt 44 Protestierende. Zwei kamen vorübergehend in Gewahrsam, waren aber am Abend wieder frei.
Die Verkehrsinformationszentrale warnte vor Behinderungen. Wieder wurden Forderungen nach schärferen Mitteln gegen die Proteste laut. Die Gewerkschaft der Polizei plädierte für die Option eines Gewahrsams von bis zu sieben Tagen. Wie ein Polizeisprecher am Abend sagte, gab es morgens ausgehend von der Ecke Bremerstraße/Birkenstraße in Moabit auch eine nicht angemeldete Gegendemonstration mit 16 Teilnehmern. Auf Schildern hätten sie sich „Die erste Generation“ und „Die letzte De-Generation“ genannt.
Die „Letzte Generation“ demonstriert seit knapp einem Jahr fast täglich für eine radikale Klimawende - mit Blockadeaktionen auf Straßen, wo sich Aktivisten auf der Fahrbahn festkleben, aber auch in Museen, Fußballstadien, Ministerien und auf den Rollfeldern von Flughäfen. Die Gruppe selbst berichtete am Montag, man habe in Berlin an fünf Orten Auffahrten blockiert; die Person auf der Schilderbrücke sei ein 72 Jahre alter Mann.
Die Gruppe fordert für besseren Klimaschutz unter anderem Tempo 100 auf Autobahnen, ein Neun-Euro-Ticket und generell die Abkehr von fossilen Energien wie Öl, Gas und Kohle. Der evangelische Bischof Christian Stäblein rief im rbb24 Inforadio dazu auf, sich mehr mit den Anliegen auseinanderzusetzen und ins Gespräch zu kommen. Das bedeute nicht, Rechtsbruch zu legitimieren. Doch habe die Gesellschaft beim Klimaschutz eine gewisse Behäbigkeit gezeigt.
CDU-Fraktionschef Kai Wegner forderte hingegen eine harte Linie. München gehe konsequent gegen die „Klima-Kleber“ vor. Dort seien deren Protestaktionen auf für Rettungsdienste wichtigen Straßen, an Brücken oder Autobahnen verboten. „Die Berliner Innensenatorin sollte es genauso in Berlin anordnen“, erklärte Wegner. Die Aktivisten seien „eine Gefahr für die Berliner“.
Der Berliner FDP-Generalsekretär Lars Lindemann sprach von „kriminellen Straftäterinnen und Straftätern“, die die Berliner im Berufsverkehr „terrorisieren“. Er forderte, die Straßenblockaden per Allgemeinverfügung zu verbieten und „den Kriminellen den Führerschein zu entziehen“.
Auch der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, Benjamin Jendro, meinte: „Diese täglichen Blockaden von wichtigen Verkehrsadern in der Hauptstadt müssen ein Ende haben.“ Er verlangte die „Möglichkeit der Ingewahrsamnahme für vier oder sieben Tage“.
Derzeit können die Aktivisten nach Angaben der Polizei bis zu 48 Stunden vorsorglich in Gewahrsam genommen werden. In Bayern ist ein solcher vorbeugender Arrest für bis zu 30 Tage möglich. Diese lange Frist hat eine Debatte über die Verhältnismäßigkeit ausgelöst. Die Aktivisten verstehen ihren Protest als gewaltlosen zivilen Ungehorsam, ziehen aber großen Unmut der Betroffenen auf sich und verursachen teils gefährliche Situationen im Verkehr.
Die Linken-Bundesvorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan äußerten erneut Verständnis für die Anliegen der „Letzten Generation“. „Es sind keine Klimaterroristinnen, es sind keine Klima-RAF oder sonst irgendwas unterwegs“, sagte Schirdewan. Er selbst würde wahrscheinlich andere Protestformen wählen. Aber: „Ziviler Ungehorsam ist schon ganz okay.“