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Wie Russland für Olympia gegen Terroristen gewappnet sein will - und gegen Oppositionelle Die unsichtbaren Spione in Sotschi

Von Mandy Ganske-Zapf 18.01.2014, 01:19

Sotschi I In Sotschi wird der größte Sicherheitsapparat in der Geschichte Olympischer Spiele aufgefahren: mit zehntausenden Polizisten, tausenden Kameras und einer abgeriegelten Sicherheitszone. Die Terrorgefahr ist mit den blutigen Anschlägen von Wolgograd im Dezember ins kollektive Bewusstsein der Russen zurückgekehrt. Der Kreml hat reagiert und die Kontrollen noch einmal verschärft. Zugleich legt die Regierung auch bei digitaler Überwachung nach: Zum 1. Februar tritt ein Gesetz in Kraft, wonach Webseiten gesperrt werden können, wenn sie Aufrufe zu Terroranschlägen enthalten - aber auch zu Protesten. Die Befugnis dafür liegt allein beim Generalstaatsanwalt und seinem Vertreter.

Kräftig aufgerüstet

Das ist der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Praktiken zur Kontrolle von Internet und Telefon. So kann der Inlandsgeheimdienst FSB seit Jahren über ein System namens SORM praktisch umfassend Daten abzapfen. Der auf Geheimdienstfragen spezialisierte Journalist Andrej Soldatow kennt das System SORM gut. Bei einer Veranstaltung von "Reporter ohne Grenzen" in Berlin sagte er: "Jeder muss davon ausgehen, dass seine gesamte Kommunikation bei den Spielen völlig transparent ist." Alle Metadaten würden zudem für drei Jahre gespeichert. Zum Beispiel alle Kontakte, die ein Journalist in Sotschi hat.

Soldatows Recherchen nach hat der FSB das SORM-System in der Region in und um Sotschi im Vorfeld auf den neuesten Stand gebracht. Das staatsnahe Telekommunikationsunternehmen Rostelekom hat für die Spiele ein Netzwerk für superschnelles, frei zugängliches WiFi aufgebaut. Alle mobilen Kommunikationsnetzwerke dieses Konzerns seien unterdessen mit Deep Packet Inspection ausgestattet worden, sagte Soldatow unlängst dem "Guardian". Einer Technik, die es erlaubt, den Inhalt von Information nach Stichworten zu filtern. Etwas, wozu SORM auch generell in der Lage sein soll.

Angst vor Anschlägen

In Sotschi nun will Präsident Wladimir Putin seine langjährige Politik der Stabilität mit Bildern eines modernen wiedererstarkten Russlands krönen. Dabei sieht er sich mit den zur Verfügung stehenden Mitteln an zwei Fronten kämpfen: Einmal gegen Terroristen aus der nahe gelegenen Unruhe-region Nordkaukasus und ihren Ankündigungen, die Spiele zu stören. Das vergossene Blut in Wolgograd verbreitet die Angst, dass die Spiele nicht sicher sein könnten. Zum anderen geht es per digitaler Überwachung auch gegen westlichen Einfluss und Demonstrationen.

Seit Monaten gibt es weltweite Reaktionen auf das neue Gesetz gegen "Homosexuellen-Propaganda vor Minderjährigen". Die vor allem übers Internet organisierten Massendemons-trationen seit der offensichtlich gefälschten Parlamentswahl im Dezember 2011 vergisst der Kreml nicht. Für Sotschi gibt es eine abseits des Geschehens ausgewiesene Protestzone.

So will Putin Kontrolle über die Terrorgefahr erlangen, und es ist offen, ob er es in Sotschi und auch im Rest des Landes kann. Über Protestler und Oppositionelle kann er Kontrolle erlangen, weil er es will.

Auf den gemeinen Olympia-Besucher oder die Athleten haben es die Behörden dabei nicht abgesehen. Sie sollen schließlich schöne Spiele erleben.

Alles, was digital abläuft, wird unsichtbar für sie sein - während völlig unklar bleibt, was mit all den gesammelten Daten aus Sotschi einmal passieren wird.