Reinhold Messner zum 80. Ein Mann wie ein Berg
Wenn jemand den Begriff der „Legende“ allumfassend ausfüllt, dann ist es Reinhold Messner. Das Höhenbergsteigen war aber nur eine Seite von ihm. Jetzt wird der Südtiroler 80 Jahre alt.
Wenn es eine gemeinsame Legende der Italiener, der Südtiroler, der Österreicher und nicht zuletzt der Deutschen gibt, dann ist dies Reinhold Messner. Heute wird er 80 Jahre am Nanga Parbat) alt.
Messners überlebensgroßes Dasein chronologisch aufzuzählen, ist zwecklos, aber auch unnötig. Im deutschen Sprachraum gibt es unendlich viele Berichte über Messner, von Interviews und Fernsehauftritten ganz zu schweigen.
Sein eigenes Überleben führt Messner, der am 17. September 1944 in Brixen auf die Welt kam, nicht auf ein größeres Können zurück. „Die Natur ist immer gefährlich“, sagt er, der als erster Mensch alle 14 Achttausender ohne Sauerstoffmaske bezwang. Die Natur habe eine Dimension, die über das menschliche Verständnis hinaus gehe.
Manchmal ist er auch ein Politiker
„Die frühen Impressionen sind eine wesentliche Hilfe, den Gefahren aus dem Weg zu gehen. Die schreiben sich in unseren Intellekt und die helfen uns dann später, wieder unterbewusst wieder richtig zu entscheiden“, sagte Messner, der auch einmal Europa-Abgeordneter war, 2010 in einem Interview der Zeitschrift „Klinoskop“.
Neben seinen Haupttätigkeiten als Höhenbergsteiger, Abenteurer, Vortragsreisender und Erbauer mehrerer hervorragender Museen in seiner Heimat in Südtirol war er immer ein politischer Mensch. „Ich habe kein gebrochenes Verhältnis zur Politik, aber ein differenzierteres, seit ich das gemacht habe. Ich habe vor einigen Politikern mehr Respekt als früher. Die Politik kann viel weniger tun, als wir alle glauben. Ich bin heute der Meinung, dass in Mitteleuropa die Medien schon mehr Macht haben als die Politik.“
Philosophische Gedanken gehören untrennbar zu Messner: „Es gibt keinen Sinn des Lebens. So etwas wird über die Religion postuliert. Das Göttliche ist nicht Gott, sagte Hölderlin. Und ich sehe es im Hölderlinschen Sinne: Wir haben die göttliche Möglichkeit, Sinn zu stiften. Ich kann mir die Möglichkeit machen, etwas wichtiger zu machen als anderes, und dadurch entsteht Sinn.“ Im Leben müsse man sich auch auf seine Intuition verlassen.
Ein Messner reflektiert logisch: „Wir Menschen haben keine Instrumentarien, um das, was als Gott gesehen werden könnte, zu greifen oder zu erkennen – das ist uns nicht zugänglich.“ Die Legende weiter: „Die Bibel sagt ,Am Anfang war das Wort’. Goethe sagt ,Am Anfang war die Tat.’ Und ich halte es mit Goethe, denn durch die Tat ist die Sprache entstanden, vor allem durch die Gefahr.“ Die Gefahr war ihm immer bewusst und nah: „Der wichtigste Gedanke auf dem Gipfel muss dem Weg nach unten gelten.“
Neues vom Yeti-Witz
Trotz aller Brüche und Tragik in seinem Leben kann Reinhold Messner auch lachen. Den legendären Yeti-Witz (Treffen sich zwei Yetis. „Du, ich hab’ grade den Messner getroffen.“ – „Was? Den gibt’s wirklich?“), findet er phantastisch: „Der ist nämlich sehr gut. Ich bin glücklich über diesen Witz.“ Er selbst habe ihn erst 1995 das erste Mal gehört. Auf den Hinweis, dass der Witz bereits 1987 in der DDR kursierte, gab er sich großzügig: „Das kann schon sein, dass dieser Witz in der DDR geboren wurde.“
Mit dem „Way of Life“ des Westens hadert er: „Die überreiche Gesellschaft des Westens muss Verzicht als Wert einführen. Bis jetzt gilt bei uns Konsum als hoher Wert. Wer konsumieren kann, ist höherwertiger als der andere, der das nicht kann. Und das ist absoluter Unsinn.“
Das schwierigste Problem für den Menschen
Messner ist sicher kein einfacher Mensch. Seine erste Frau Uschi Demester hat für dieses Spannungsfeld Worte gefunden: „Ich kenne niemanden, der so sehr geliebt werden möchte und so wenig dafür tun kann.“
In seinem Privatleben ist ihm, der sich auch ein beträchtliches Vermögen schuf, nicht alles gelungen. Er hat vier Kinder, drei mit seiner zweiten Frau Sabine Stehle, die sich 2020 von ihm scheiden ließ. Im Mai 2021 heiratete er seine dritte Ehefrau Diane Schumacher, die damals 41 war. Doch inzwischen gibt es traurige Erbstreitigkeiten mit den Kindern, wie er der „Apotheken-Umschau“ sagte.
Zum vielleicht schwierigsten Problem für den Menschen – wie man lernt, alt zu werden – antwortete er im Jahr 2010 ironisch: „Das ist ein schwieriger Prozess. Ob ich es schaffe, weiß ich noch nicht. Sonst sagen die Leute, das kann er auch noch.“