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Der Gewerkschaftsboss, der aus Sachsen kommt „Der Ossi, der rote Politik macht“

Lokführer-Gewerkschafter Claus Weselsky wehrt sich gegen das Abstempeln zum Klassenkämpfer. Und er kritisiert Polit-Talkshows und die Debattenkultur im Land.

03.05.2024, 11:45
 Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), spricht am 13. November 2023 auf einer Kundgebung in Schwerin. Christian Charisius/dpa
Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), spricht am 13. November 2023 auf einer Kundgebung in Schwerin. Christian Charisius/dpa Foto: dpa

Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), wehrt sich gegen mediale Zuschreibungen: „Davor habe ich mich immer gefürchtet, dass man mich zum Klassenkämpfer abstempelt: der Ossi, der rote Politik macht. Das, was ich mache, ist Arbeitskampf, kein Klassenkampf“, sagte das CDU-Mitglied der „Berliner Zeitung“.

Unbehagen bereitet dem Ostdeutschen, der einst in der Deutschen Reichsbahn als Lokführer arbeitete, die Debattenkultur in Deutschland: „Ich finde, wir haben an der Stelle eine unglaublich negative Entwicklung genommen. Wir haben keine Debattenkultur mehr, es wird nur noch abgestempelt, in Schubladen geschoben oder in die rechte Ecke, oder man wird zum Querdenker erklärt.“ Einen Streit in der Sache erlebe er „fast nirgends“. Die Politik werde in Talksendungen gemacht.

Auf die hierzulande ausgeuferte Praxis der Polit-Talkshows gibt er nicht viel: „Die Talkshows! Die Moderatoren! Schwingen sich zum Richter auf und nageln Politiker auf Meinungen fest. Ich verstehe nicht, warum die sich da überhaupt noch reinsetzen.“

Der gebürtige Dresdner verteidigte in dem Interview auch den Leipziger Literaturprofessor Dirk Oschmann, der in seinem Buch „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ mit der westdeutschen Dominanz des Landes abgerechnet hatte. „So ein verkappter SPDler wollte mich in Stellung bringen gegen ihn. Ich hab’ gesagt: Der Mann sagt, was Fakt ist!“ Oschmann spitze zu, aber er beschreibe Dinge, die er selbst erlebt habe. „Wie sich Westdeutsche, die in den Osten gekommen sind, mit Buschzulage in die höchsten Stellen gebeamt haben, obwohl sie oft nichts getaugt haben. Flachzangen!“, so Weselsky.

Er sei gern Lokführer in der Reichsbahn gewesen: „Ja, wegen des Einkommens, und so ein Alleinarbeitsplatz ist auch Gold wert.“ Seinem Beruf als Lokführer, den Weselsky 1992 für eine Funktionärslaufbahn in der im Januar 1990 in der DDR gegründeten GDL aufgab, trauert er doch ein bisschen nach: „Ja, allein unterwegs zu sein, mit mehreren tausend PS, das ist ein erhebendes Gefühl. Es ist ein wunderschöner Beruf.“ (UK)