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Illegale Migration Die löchrige „Festung Europa“

Zäune in Griechenland, Ungarn, Polen und Spanien: Europa will sich an seinen Außengrenzen gegen Migranten abschotten, doch die Löcher sind riesig. So erreichen 2022 deutlich mehr Menschen ohne Einreiseerlaubnis die EU als noch im Jahr zuvor.

20.12.2022, 10:10
Polizeibeamte patrouillieren entlang eines Grenzzauns der griechisch-türkischen Grenze bei Poros.
Polizeibeamte patrouillieren entlang eines Grenzzauns der griechisch-türkischen Grenze bei Poros. Foto: AP/dpa

Trotz neuer Zäune und umstrittener Kooperationen zur Abwehr von Migranten haben die illegalen Grenzübertritte in die Europäische Union 2022 deutlich zugenommen. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex registrierte in den ersten elf Monaten dieses Jahres rund 308 000 Versuche, ohne Erlaubnis in die EU zu kommen. Das sei ein Zuwachs um 68 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, teilte Frontex in dieser Woche mit. Die in Warschau ansässige Behörde sprach vom höchsten Wert der ersten elf Monate seit dem Jahr 2016.

Meloni: Man reist nicht illegal nach Italien ein

Manche europäischen Regierungschefs wollen die EU-Außengrenzen noch stärker abriegeln. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni etwa schlug in diesem Jahr eine Seeblockade im Mittelmeer und Lager in Nordafrika vor, in die Migranten gebracht werden, um ihre Asylchancen in Europa zu prüfen. „Man reist nicht illegal nach Italien ein. Wir wollen den Menschenhandel, die illegale Einreise und das Sterben auf See bekämpfen. Wir wollen es den Menschenhändlern auf keinen Fall leicht machen“, betonte Meloni, so die österreichische Zeitung „Die Presse“. Das italienische Innenministerium warf den im Mittelmeer tätigen Nichtregierungsorganisationen, die dort mit Schiffen operieren, Beihilfe zur illegalen Migration vor.

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer fordert die Europäische Union zur Finanzierung von Grenzzäunen in Rumänien, Bulgarien und Ungarn auf, um illegale Einwanderung zu unterbinden. „Wir müssen endlich das Tabu Zäune brechen“, sagte er in dieser Woche beim EU-Gipfel in Brüssel.

Laut den Frontex-Zahlen gelangten bis November rund 140 000 Migranten illegal über den Balkan und Länder des ehemaligen Jugoslawien nach Mitteleuropa. Das waren zweieinhalb so viele wie noch 2021 und der höchste Wert seit der Flüchtlingskrise des Jahres 2015.

Die Aufnahme Kroatiens in den Schengen-Raum könnte dazu führen, dass sich Zahlen der Balkan-Route weiter erhöhen, zumal es Behauptungen von höchster Stelle gibt, dass man in östliche Länder auch mittels Bestechung einreisen könnte. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte hatte zuvor gesagt, dass für 50 Euro jeder die bulgarische Grenze überqueren könne.

Auch Griechenland meldet für seine Grenzen, dass die Anzahl der angekommenen Flüchtlinge und Migranten heftig gestiegen sei. Unklar ist, ob das EU-Türkei-Abkommen noch funktioniert. Die Türkei sollte danach – auch für beträchtliche Geldzahlungen - illegale Migranten zurücknehmen, aber offizielle Zahlen aus Brüssel sind nicht bekannt.

Griechenland verlängert Grenzzaun auf 80 Kilometer

Die Griechen bauen unterdessen den bislang 35 Kilometer langen Grenzzaun um 80 Kilometer aus – am Ende des Projekts soll die Grenze zur Türkei fast vollständig abgeriegelt sein.

Die mit Abstand meisten Bootsmigranten kamen in Süditalien an. Allerdings bleiben vermutlich die wenigsten im Land, sondern reisen nach Norden – meistens nach Deutschland – weiter. Italiens Regierungschefin Meloni möchte die Holz- und Schlauchboote, deren Plätze offenbar über Schleuserbanden an Migranten verkauft werden, schon am Ablegen in Afrika hindern.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten wollen nun bei einem Sondergipfel am 9. und 10. Februar über den Umgang mit unerwünschter Migration beraten. Beobachter erwarten keine größen Ergebnisse von den Beratungen. EU-Ratschef Charles Michel hatte beim EU-Gipfel am Donnerstag eine „ausführliche Debatte“ angekündigt. (dpa/ uk)

Landrat: Bürger wollen keine Flüchtlinge mehr

Der Landrat des Wetterau-Kreises, Jan Weckler (CDU), kritisiert die Flüchtlings- und Migrationspolitik der Ampel-Koalition massiv: „Wir stellen unter den Bürgerinnen und Bürgern zunehmend Widerstand fest. Sie wollen keine Flüchtlinge mehr“, sagte er in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ).

Weckler weiter zur „FAZ“: „Mit Blick auf 2015 spricht man immer von einer Flüchtlingskrise – dabei erleben wir die eigentliche Flüchtlingskrise jetzt. Wir haben vor allem eine Unterkunfts- und Akzeptanzkrise.“

Der Landrat macht kritische Aussagen: „Jede Woche ein Gelenkbus. Und im Moment ist kein Ende in Sicht. Dieses Problem können Bürgermeister und Landräte nicht lösen und die Länder nur begrenzt. Migrationspolitik ist Bundesangelegenheit. Ich kann aber nicht erkennen, dass die Bundesregierung dieses Thema annimmt und selbst zum Thema macht. Wenn es beim Zuzug in dieser Größenordnung bleibt, wird das schiefgehen.“ (uk)