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Zum Tod von Wolfgang Schäuble Einheit, Euro und Energie

CDU-Politiker Wolfgang Schäuble war eine große Politik-Persönlichkeit, wurde aber nie Regierungschef. Dafür diente er den Kanzlern Kohl und Merkel in Schlüsselpositionen.

Von Steffen Honig 27.12.2023, 18:00
Familienministerin Ursula von der Leyen (l.), Innenminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (alle CDU) während einer Bundestagssitzung 2009.
Familienministerin Ursula von der Leyen (l.), Innenminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (alle CDU) während einer Bundestagssitzung 2009. Foto: Imago

Magdeburg - Wenn es einen deutschen Politiker gibt, der eine längere Lebensarbeitszeit nicht nur gepredigt, sondern vorgelebt hat, dann ist es Wolfgang Schäuble. Der Alterspräsident des Bundestages arbeitete unverwüstlich fast bis zu seinemTod am 26. Dezember. Schäuble saß seit 1972 für die Christlich-Demokratische Union im Bundestag und bekleidete 1984 sein erstes Ministeramt.

Der gebürtige Freiburger wurde 1990 auch bis in den letzten Winkel Ostdeutschlands bekannt. Schäuble handelte mit dem DDR-Staatssekretär Günther Krause, gleichfalls CDU, den deutschen Einigungsvertrag aus. Die Bewertungen des Abkommens fielen sehr verschieden aus und reichten vom Fahrplan in eine blühende Zukunft bis zum Ausverkauf der DDR.

Absturz durch Spendenaffäre

Wolfgang Schäuble schaffte fast alles, was an Machtpositionen in Deutschland zu erreichen ist: CDU-Chef und Fraktionsvorsitzender, Minister, Bundestagspräsident. Nur die Würde und Bürden von Kanzler oder Bundespräsident – was er beides gern geworden wäre – blieben ihm verwehrt. Nicht dass es dem exzellenten Analytiker dazu an Sachverstand gefehlt hätte. Es waren die Umstände, die im Wege standen. Als sein Mentor Helmut Kohl 1998 als Bundeskanzler gehen musste, war Schäuble erste Wahl für einen möglichen nächsten Regierungschef der Union. Mit der glänzendem Ausgangsposition des Parteivorsitzenden.

Doch Kohl, der durch die bis heute nicht geklärte CDU-Spendenaffäre in den Abgrund stürzte, zog seinen Vertrauten Schäuble ein Stück weit mit. 2002 musste er als CDU-Chef zurücktreten. Eine Frau zog an ihm vorbei, übernahm die Partei und wurde später Bundeskanzlerin. Das Verhältnis zwischen der ostdeutschen Aufsteigerin und der westdeutschen Langzeitkraft blieb ambivalent.

Schäuble winkte die Präsidentschaft, er wurde als Nachfolger von Johannes Rau von der Union favorisiert. Doch CDU und CSU zankten mit der FDP – Horst Köhler tritt an und wird gewählt. Schäubles letzte Chance für die allererste Reihe war vorbei. Andere hätten sich vielleicht zurückgezogen, nicht der Willensmensch Wolfgang Schäuble.

Ein Vorbild an Disziplin – auch das war Schäuble. Der 12. Oktober 1990 wurde für ihn zum Schicksalstag. Ein psychisch kranker Attentäter verletzte ihn beim Wahlkampf in Oppenau durch ein Revolver-Attentat schwer. Schäuble überlebte, saß aber seitdem im Rollstuhl.

Schäuble verzweifelte nicht. Der Konservative prägte dazu eine seiner trockenen Spruchweisheiten: „Im Grunde sind alle Menschen behindert, der Vorzug von uns Behinderten allerdings ist, dass wir es wissen.“

Ob Innenpolitik, Finanzen, Europa – der studierte Rechts– und Wirtschaftswissenschaftler mit Doktortitel war in all diesen Gebieten eine unverzichtbare Kapazität, Kanzlerin Merkel wollte und konnte auf ihn nicht verzichten..

In der Euro-Krise vor fast fünfzehn Jahren erwies sich Schäuble als knallharter und letztlich erfolgreicher Verhandler im Dienste der Bundesregierung. 2012 erklärte er: „It will not happen that there will be a Staatsbankrott in Greece.“ Mit dem Englischen hatte es der Badenser nie so. Dafür brachte er für ein Ultimatum an Griechenland auch mal sein heimatliches Idiom ein. Schäuble verkündete: „Am 28., 24 Uhr, isch over.“