Ehemalige Kolonialmacht Holland ringt um Entschuldigung für Sklaverei
Die Niederlande gelten als tolerant und weltoffen. In der Geschichte des Landes gibt es aber eine Schattenseite - Sklaverei. Dafür will die Regierung sich nun entschuldigen. Das führt zu Diskussionen.
Den Haag - Es ist eine Geste, die spät und holprig kommt. Die Niederlande, deren Reichtum als Handelsnation im sogenannten „Goldenen Zeitalter“ des 17. Jahrhunderts mit der Ausbeutung von Kolonien begann, wollen sich für die Sklaverei entschuldigen.
Noch vor der Ansprache von Ministerpräsident Mark Rutte an diesem Montag und einer Entschuldigung von Regierungsvertretern in der ehemaligen Kolonie Suriname und Überseegebieten aber gab es heftige Debatten. Einige finden Datum und Form nicht gut, manche Nachfahren fühlen sich schlecht eingebunden. Andere fordern, König Willem-Alexander müsse die Entschuldigung aussprechen, Holland müsse eine Entschädigung zahlen.
Ruttes Entschuldigungsplan wurde zum Auftakt unabsichtlich publik
Dabei war der Anlauf schon zäh. 2001 und 2013 äußerte die Regierung zwar ihr Bedauern, für eine Entschuldigung der ehemals drittgrößten Kolonialmacht der Welt setzten sich Nachfahren von Sklaven und Bewohner damaliger Kolonien aber lange vergeblich ein. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission erklärte dann im Juli, dass die Niederlande sich entschuldigen und aktiv für das Bekämpfen der Folgen wie Rassismus einsetzen müssten. Nächstes Jahr gedenkt das Land nun der Beendigung der Sklaverei. Dabei wurde Ruttes Entschuldigungsplan zum Auftakt unabsichtlich publik. Wochenlang wurde herumgedruckst, worum es gehen könnte - und einige waren vorab schon unzufrieden.
Surinamische Vereine wollten im Eilverfahren erreichen, dass die Entschuldigung nicht an einem willkürlichen Datum sondern am 1. Juli kommenden Jahres erfolgt, 160 Jahre nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei durch die Niederlande. Ein Gericht wies die Klage am Donnerstag ab. Für Wirbel sorgte, dass mit Franc Weerwind am Montag ein niederländischer Minister in Suriname reden soll, der selber Nachfahre von Sklaven ist. Ein surinamischer Vertreter forderte, „eine weiße Person“ müsse sich entschuldigen. Rutte lässt Weerwind trotzdem reden - schickte Vize-Premier Sigrid Kaag aber vorweg nach Suriname, um die Wogen dort zu glätten.
Von 1640-1670 waren die Niederlande weltweit größter Sklavenhändler
Schon lange bekannt war, dass die historische Postkarten-Idylle der Niederlande mit stattlichen Herrenhäusern an Amsterdamer Grachten und den Gemälden reich beladener Handelsschiffe Risse hat. Neben Waren aus den Kolonien transportierten die Boote auch Menschen - von 1640 bis 1670 waren die Niederlande weltweit größter Sklavenhändler. Das Land versklavte in 200 Jahren schätzungsweise 500.000 Menschen. Sie wurden meist aus Westafrika verschleppt, verkauft und mussten auf den Plantagen in den damaligen Kolonien Suriname und den Antillen in der Karibik arbeiten. Als eines der letzten Länder Europas schaffte das Königreich die Sklaverei offiziell am 1. Juli 1863 ab.
Dass sein Auftritt am Montag weitere Diskussionen befeuern wird, findet Premierminister Rutte nicht schlimm, im Gegenteil. Schon die Debatte der vergangenen Woche habe zu „einem reichen Schatz an Reaktionen“ geführt und die Intensität der Gespräche zum Thema Sklaverei habe zugenommen, meinte er am Freitag. Eine Annahme der Entschuldigung könnten die Niederlande nicht einfordern, das wäre arrogant, räumte Staatssekretär Marnix van Rij ein, der am Montag auf der winzigen Karibikinsel Sint Eustatius spricht. Es gehe um einen langen Prozess. „Wir tun als Niederlande etwas, was wir möglicherweise viel früher hätten tun sollen.“