Migration im Mittelmeer Warum das Foto des geretteten Babys aus dem Mittelmeer kein Fake ist
In den sozialen Medien überschlagen sich die Kommentare zu dem Rettungsbild eines kleinen Babys vor Ceuta. Was am häufigsten auftaucht: Der Vorwurf, dass das Bild gefälscht sei. Das lässt sich widerlegen.
Magdeburg/Ceuta - "Die Bearbeitung des Fotos lässt sich ja wohl nicht leugnen." "Wäre ja mal schön, wenn sich die Volksstimme zu den Fake-Vorwürfen äußern würde." "Die Eltern, die einem Baby sowas antun, gehören direkt eingesperrt." Dies sind nur einige der Kommentare, die sich unter dem Foto des geretteten Kindes aus dem Mittelmeer auf der Facebook-Seite der Volksstimme finden. Der lauteste Vorwurf: Das Foto sei gefälscht.
Fakten-Check kurz erklärt
Es gibt mehrere Wege, die Echtheit eines Fotos, Videos und Nachrichten zu überprüfen. Eine Arbeit, die passiert, bevor Informationen von Journalisten an die Leser, beziehungsweise User weitergeben werden.
Bei Fotos gibt es im Allgemeinen vier schnelle Möglichkeiten um zu prüfen, ob das Foto ein Fake ist.
Check Nr. 1: Wie lange ist das Foto bereits im Umlauf?
Die erste Methode, mit der man schnell sehen kann, ob ein Foto echt ist, ist die Bilder-Rückwärtssuche, etwa über Google oder Tineye. Darüber lässt sich nachvollziehen, wann ein Foto das erste Mal im Internet aufgetaucht ist. Sollte das vor dem Ereignis sein, welches angeblich auf dem Bild zu sehen ist, dann ist das ein starker Indikator, dass das Bild gefälscht ist.
Das Foto des Babys taucht das erste Mal am Dienstag, dem 18. Mai im Netz auf, was den situativen Kontext (8000 Geflüchtete erreichen am Montag und Dienstag, den 17. und 18. Mai Ceuta) bestätigt.
Check Nr. 2: Wurde das Bild bearbeitet?
Eine weitere Möglichkeit, um zu prüfen, ob ein Foto echt ist, ist die Fehlerstufenanalyse (ELA). Diese kann etwa über die Programme fotoforensics oder Forensically beta vorgenommen werden. Die Fehlerstufenanalyse ermöglicht es, Bereiche innerhalb eines Bildes zu identifizieren, die sich auf unterschiedlichen Komprimierungsstufen befinden, das heißt, die bearbeitet wurden.
Bei Bildern im Format JPEG sollte das gesamte Bild in etwa die gleiche Stufe aufweisen. Wenn ein Abschnitt des Bildes einen deutlich abweichenden Fehlerpegel aufweist, deutet dies wahrscheinlich auf eine digitale Veränderung hin. Die kann durch Beschneiden, Zusammenfügen, Photoshop et cetera hervorgerufen werden und wird zumeist durch hellere Stellen im Bild deutlich gemacht.
Bei dem Foto des geretteten Babys gibt es keine besonderen Hinweise auf eine digitale Bearbeitung.
Zum Vergleich sehen Sie nachfolgend ein Beispiel eines Bildes, welches ganz offensichtlich verändert wurde: Ex-Präsident Obama hat ein blaues Auge bekommen, ein Ohr fehlt und der ganze Kopf wurde ausgeschnitten und auf einen weißen Hintergrund gesetzt. Die Fehlerstufenanalyse bestätigt das.
Check Nr. 3: Wurde das Bild zugeschnitten, damit es einen bestimmten Eindruck erzeugt?
Auch hierfür bietet sich fotoforensics an. Es zeigt die versteckten Pixel eines Bildes an, also das Original, bevor es zugeschnitten wurde. So kann man prüfen, ob Dinge bewusst ausgelassen wurden, um einen bestimmten Eindruck in dem Bild zu erwecken.
Bei dem Bild des Polizeitauchers Juan Francisco Valle und dem Baby wurde nur ein kleiner Streifen des Originals abgeschnitten. Größere Veränderungen an der Bildgröße scheinen nicht vorgenommen worden zu sein.
Check Nr. 4: Die Metadaten
Metadaten können helfen, bergen aber auch Fehlerquellen. Auch sie lassen sich über diverse Programme im Internet abrufen.
Das vermeindlich größte Problem: Stimmen die Datums- und Zeitangabe auf der Kamera nicht, werde diese Daten auch nicht korrekt in dem Bild gespeichert.
Was die Metadaten zeigen können, sind etwa das Entstehungsland, hinterlegte Daten zu der Quelle des Bildes, etwa die Kameraart und das Copyright, und, solange die Kamera richtig eingestellt ist, Datum der Entstehung.
Auch bei diesem Check lassen sich keine Unstimmigkeiten in dem Bild des Babys vor Ceuta erkennen.
Fazit: Das Bild des Babys scheint technisch nicht gefälscht worden zu sein
Technisch gesehen gibt es keinen Hinweis darauf, dass das Bild des geretteten Babys vor Ceuta mit dem Polizeitaucher Juan Francisco Valle gefälscht ist. Somit besteht kein begründeter Zweifel an der Echtheit der Aufnahme.