Fragen & Antworten Bahn-Chaos droht im Januar - GDL-Mitglieder wollen Streiks
Die nächste Eskalation im Tarifkonflikt bei der Bahn steht bevor: Um länger streiken zu können, hat die GDL eine Urabstimmung unter ihren Mitgliedern durchgeführt. Das Ergebnis fällt deutlich aus.
Berlin - Die Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer wollen im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn und weiteren Eisenbahnunternehmen längere und härtere Streiks. Bei einer Urabstimmung der Gewerkschaft haben sich 97 Prozent der Abstimmenden für unbefristete Arbeitskämpfe ausgesprochen. Das Ergebnis präsentierte GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstagabend in Frankfurt am Main. Damit wurde das notwendige Quorum von mindestens 75 Prozent deutlich übertroffen. Was kommt auf die Fahrgäste zu?
Wird sofort wieder gestreikt?
Nein. GDL-Chef Claus Weselsky hat am Dienstagabend erneut bekräftigt, dass der ausgerufene „Weihnachts- und Neujahrsfrieden“ Bestand habe. „Es bleibt auch dabei, dass vor dem 8. Januar keine Arbeitskampfmaßnahmen zu erwarten sind“, sagte er. Die Menschen können also ohne Sorge über Weihnachten zu ihren Familien fahren und kommen auch wieder zurück. Doch im neuen Jahr könnte es schnell zur Sache gehen. „Das, was jetzt kommt, wird kräftiger, wird länger, wird härter für die Kunden“, kündigte der Gewerkschaftschef im Vergleich zu den bisherigen Warnstreiks an.
Wie lange kann die GDL dann streiken?
Prinzipiell unterliegen Streiks nach einer Urabstimmung keiner zeitlichen Beschränkung. Doch von unbefristeten Streiks spreche die GDL nicht, betonte Weselsky. „Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst.“ Gleichzeitig machte er deutlich, dass es nicht bei den bisherigen Streiks von maximal 24 Stunden Dauer bleiben werde.
Bei vorigen Tarifrunden waren mehrtägige Streiks keine Seltenheit. Der bisher längste GDL-Streik bei der Bahn fand mit 127 Stunden (5 Tage plus 7 Stunden) im Personenverkehr und 138 Streikstunden (5 Tage plus 18 Stunden) im Güterverkehr im Mai 2015 statt. Damals handelte es sich allerdings um den bereits achten Streik seit Beginn des Tarifkonflikts. 2021 streikte die GDL für etwa fünf Tage.
Warum braucht es für längere Streiks eine Urabstimmung?
Für die Beschäftigten bedeutet jeder Streiktag Einnahmeverluste. Zwar gleichen Gewerkschaften den Lohn- und Gehaltsausfall aus der Streikkasse aus, aber in der Regel nicht in vollem Umfang. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben darum per Urabstimmung das Signal, dass sie zu diesem finanziellen Opfer bereit sind. Damit ein Gewerkschaftsvorstand grünes Licht hat, müssen sich mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Beschäftigten für unbefristete Streiks aussprechen.
Wie oft wurde der DB-Konzern in diesem Jahr bestreikt?
Für die Fahrgäste ist die Lage auch deshalb beschwerlich, weil die Angst vor Streiks schon während der Tarifrunde mit der EVG im Frühling und Sommer für Unruhe sorgte. Dreimal rief die EVG zu Warnstreiks auf. Zweimal fanden sie statt. Der jüngste Arbeitskampf der GDL war damit der insgesamt vierte Warnstreik bei der Deutschen Bahn in diesem Jahr. Für die Bahn bedeuten solche Tage hohe Kosten und Ärger bei Kunden, deren Stimmung sich angesichts der auch ohne Tarifkonflikt niedrigen Pünktlichkeitsquote ohnehin in Grenzen hält.
Wann wird wieder verhandelt?
Wann beide Seiten die Verhandlungen wieder aufnehmen werden, ist offen. Die GDL hatte Ende November die Tarifgespräche mit der Deutschen Bahn für gescheitert erklärt und später auch die Verhandlungen mit Transdev. Eine Schlichtung mit Hilfe eines externen Vermittlers schloss Weselsky damals aus. Ein Ausweg ist nicht in Sicht.
Worum geht es in dem Tarifkonflikt?
Die Gewerkschaft fordert unter anderem 555 Euro mehr im Monat sowie eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie bei einer Laufzeit von einem Jahr. Die Bahn hat elf Prozent bei einer Laufzeit von 32 Monaten angeboten. Das Geld spielt aber zumindest gemäß der öffentlichen Aussagen nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger für die GDL ist demnach ihre Forderung nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohn. Die Bahn lehnt das ab. Der dafür notwendige Personalaufbau ist aus ihrer Sicht zu groß.
Erst vor wenigen Tagen erreichte die GDL in Verhandlungen mit einem weiteren Bahn-Unternehmen, der italienischen Staatsbahn-Tochter Netinera, eine solche Regelung. Dort wird die 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter schrittweise ab dem 1. Januar 2025 eingeführt. Netinera ist deutlich kleiner als die Deutsche Bahn und beschäftigt in Deutschland viel weniger Menschen.
Was verdienen Lokführer bisher?
Als Lokführer oder Lokführerin bei der Deutschen Bahn verdient man im Jahr dem Konzern zufolge je nach Berufserfahrung und Einsätzen im internationalen Verkehr oder als Ausbilder zwischen 45 000 Euro und 56 000 Euro inklusive Zulagen. Sie und die Zugbegleiter gehören zu den am stärksten vertretenen Berufsgruppen in der GDL.