1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Britischer EU-Austritt: Deutsch-britische Wirtschaft fordert einfacheren Austausch

Britischer EU-Austritt Deutsch-britische Wirtschaft fordert einfacheren Austausch

Seit dem Brexit schimpfen Unternehmen über Bürokratie und Handelshemmnisse. Bringt eine Überprüfung des Handelsabkommens Fortschritte? Was Wirtschaftsvertreter fordern - und was sie erwarten.

Von dpa 01.01.2025, 03:47
Die deutsche Wirtschaft hat viele Forderungen an die britische Politik. (Archivbild)
Die deutsche Wirtschaft hat viele Forderungen an die britische Politik. (Archivbild) Jens Büttner/dpa

London - Zum vierten Jahrestag des endgültigen Brexits fordern Wirtschaftsvertreter einen vereinfachten Austausch etwa bei Schülern oder Studenten. „Das ist kurzfristig für die Wirtschaft vielleicht nicht ganz so wichtig, aber mittel- und langfristig extrem wichtig“, sagte der Chef der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer (AHK) in London, Ulrich Hoppe, der Deutschen Presse-Agentur.

Großbritannien war Ende Januar 2020 aus der EU ausgetreten und ist seit 2021 auch kein Mitglied der EU-Zollunion und des Binnenmarkts mehr. Seit dem Brexit kommt es zu Hemmnissen im Warenverkehr, der Handel zwischen den EU-Mitgliedern und Großbritannien ist eingebrochen. Strenge Zuwanderungsregeln erschweren zudem den Austausch von Fachkräften, aber auch von Studierenden sowie Schülerreisen. Es werden nun teure Visa benötigt.

Austausch als Fundament für Generationen

„Gerade die Möglichkeit, im Vereinigten Königreich ohne größere Hürden zu studieren oder ein Praktikum zu machen, hat für Generationen ein Fundament deutsch-britischer Wirtschaftsbeziehungen gelegt, welches nun zu einem rapiden Ende gekommen ist“, sagte York-Alexander von Massenbach von der Britischen Handelskammer in Deutschland (BCCG) der dpa.

Hoppe betonte: „Wir brauchen den Austausch. Es ist wichtig, dass wir uns kennen, damit wir auch miteinander Handel treiben, Geschäfte machen, zusammenarbeiten können.“ Natürlich sei es wünschenswert, dass Bürokratie wie Zollformalitäten abgebaut oder Abläufe elektronischer gestaltet würden. „Aber wir müssen auch diesen Zusammenhalt in Europa weiter stärken. Und das tun wir, indem wir auch die nächsten Generationen zusammenbringen.“

Seit dem Amtsantritt des sozialdemokratischen Premierministers Keir Starmers im Juli hat sich der Ton zwischen Brüssel und London wieder deutlich verbessert. Allerdings schließt Starmer eine britische Rückkehr in die Zollunion oder den Binnenmarkt strikt aus. Auch ein „Youth Mobility Scheme“, mit dem junge Leute unter 30 bis zu zwei Jahre visafrei in Großbritannien beziehungsweise der EU studieren oder arbeiten könnten, lehnt er ab.

Starmer habe zwar echtes Interesse an einer engeren Zusammenarbeit, sagte von Massenbach. „Aber die wirtschaftlichen Beziehungen werden durch die festgelegten roten Linien zumindest eingeschränkt bleiben.“

Was bringt die Überprüfung des Handelsabkommens?

2025 soll das Handels- und Kooperationsabkommen, das die EU und Großbritannien an Heiligabend 2020 vereinbart hatten, überprüft werden. AHK-Chef Hoppe rechnet aber lediglich mit begrenzten Folgen, etwa einer weicheren Gestaltung der sogenannten Ursprungsregeln. Diese legen fest, wie viel vom Wert von Elektroautos aus dem Vereinigten Königreich oder der EU stammen müssen, damit die Fahrzeuge weiterhin zollfrei exportiert werden können.

Erwartet wird, dass sich Großbritannien bei Standards und Normen der EU anpasst, etwa im Chemikalienbereich. So ist die Einführung des sogenannten Grenzausgleichsmechanismus für Kohlendioxid (CBAM) der EU in Großbritannien geplant. 

Von Massenbach hofft zudem, dass rechtliche Rahmenbedingungen für Unternehmen harmonisiert werden. Die neuen Zölle und regulatorischen Anforderungen seit dem Brexit würden vor allem kleine und mittelständische Unternehmen treffen. „Das hat negative Auswirkungen für den Wettbewerb und letztlich für die Verbraucher“, sagte der Partner der Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann in London.

Wo deutsche Firmen in Großbritannien Chancen haben

AHK-Chef Hoppe sieht durchaus Chancen für deutsche Unternehmen in Großbritannien. Dazu zählten etwa erneuerbare Energien. Die britische Regierung habe die Schuldenregeln gelockert, um mehr Investitionen in Infrastruktur zu ermöglichen. „Es ist weiterhin ein spannender Markt, und die Briten kaufen immer gerne, was die Deutschen produzieren. Wir stehen gerade im Warenhandel für Qualität und Zuverlässigkeit, was die Briten auch zu schätzen wissen“, sagte Hoppe.