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Industrie „Die Nachfrage ist gewaltig“

Bei der Innovate GmbH herrscht Ausnahmezustand. Gefertigt werden Feuchttücher.

Von Manuela Bock 30.03.2020, 09:00

Naumburg l Die Produktion läuft auf Anschlag. Das Naumburger Unternehmen, das für große, weltweite Anbieter im Desinfektionsmittel-Bereich Feuchttücher herstellt, fährt seit Anfang März rund um die Uhr einen Drei-Schicht-Betrieb. Gearbeitet wird unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen und mit der Hoffnung, dass das Virus vor dem Werkstor bleibt

Seit Ausbruch der Corona-Krise herrscht Hochbetrieb beim Feuchttücher-Hersteller „Innovate“ in Naumburg. Das Telefon klingelt unaufhörlich. Der E-Mail-Eingang quillt über. Aufträge, Nachfragen, Planungen kommen im Dauertakt. „Wir arbeiten am Limit, versuchen, den Laden in Gang zu halten und alles zu organisieren“, sagt Katrin Röhl, Leiterin vom Vertrieb und der Kundenbetreuung. „Durchatmen können wir später.“

Bereits Anfang März hat das Unternehmen im Burgenlandkreis das Schichtsystem für die Produktion von Tüchern zum Desinfizieren hochgefahren. Die 150 Mitarbeiter arbeiten jetzt werktags in drei Schichten, samstags in einer zusätzlichen. „Die Nachfrage ist gewaltig“, sagt Geschäftsführer Alexander van Haren. „Zum Glück hatten wir eine kleine Vorlaufzeit, um uns auf eine steigende Produktionskapazität einzustellen, ab Januar kamen deutlich mehr Anfragen.“

Unter welchen Bedingungen gearbeitet werden muss, das konnte sich allerdings niemand vorher hier ausmalen.

Wie überall lauert auch im Betrieb im Naumburger Gewerbegebiet die Angst vor Infektionen. „Aber, dass wir nicht mehr produzieren, das geht einfach nicht“, sagt der Geschäftsführer. Seit sechs Wochen gelten darum verstärkte Zugangsbeschränkungen für das Betriebsgelände. Mitarbeiter, die bei der Produktion nah beieinanderstehen, sind durch Plastikwände voneinander getrennt.

„Wir desinfizieren laufend Geräte und Geländer, achten darauf, dass überall möglichst viel Abstand gehalten wird und haben neue Reinigungsabläufe“, so van Haren. Fast die gesamte Kapazität der Naumburger Firma wird für die Herstellung von Desinfektionstüchern genutzt. Und die werden der Firma buchstäblich aus den Händen gerissen. Namhafte Firmen aus der ganzen Welt, viele in Osteuropa, lassen in Naumburg produzieren.

„Innovate“ beliefert Chemiehersteller, Eigenmarken, Industrie und den Großhandel. „Als das in Wuhan losging, ging unsere Auftragslage vor allem in der Medizin sprunghaft nach oben“, sagt Alexander van Haren. Normalerweise liegt die jährliche Produktionskapazität des Spezialisten in den Bereichen Medizinprodukte und Desinfektion bei 60 Millionen Packungen. Diese Marke dürfte in diesem Jahr deutlich übersprungen werden, schätzt der Geschäftsführer. „Wir arbeiten am Anschlag, um den Markt zu versorgen. Unsere Produkte werden dringend gebraucht. Wir können gar nicht so schnell liefern, wie bestellt wird“, so van Haren.

Seit fast 20 Jahren ist das Unternehmen auf die Entwicklung, Herstellung und den Verkauf von Feuchttüchern für viele Bereiche spezialisiert. Schon vor der Corona-Krise hat der Betrieb in Mitteldeutschland den Kurs verstärkt auf die Entwicklung und den Vertrieb von Medizinprodukten ausgerichtet. „Das ist unsere Zukunft“, sagt Alexander van Haren. „Wir würden auch unter normalen Umständen eine hohe Desinfektionsmittel-Produktion fahren, die Dimensionen sind jetzt nur größer.“

Der „Innovate“-Chef glaubt, „dass nach der Corona-Krise ein erhöhtes Bewusstsein für Desinfektion bleiben wird“ und es somit weiterhin viel Bedarf für die Produkte geben wird. „Aber jetzt müssen wir erstmal alle gesund bleiben und durchhalten“, sagt er und wiederholt den Satz, der aktuell sein Mantra gegen die Corona-Infektions-Angst ist: „Die Produktion muss einfach weiterlaufen. Sie muss.“