Protestbrief Landwirtschaft macht Dalbert Druck
18 Verbände aus dem ländlichen Raum Sachsen-Anhalts klagen in einem offenen Brief über die Politik der grünen Ministerin.
Magdeburg l Eigentlich hatte sich Claudia Dalbert für 2017 vorgenommen, mit allen Vertretern aus dem ländlichen Raum offen über Veränderungen in der Landwirtschaft zu diskutieren. Die Grünen-Politikerin hat etwa bessere Haltungsbedingungen für Nutztiere und eine Agrar-Strukturreform auf der Liste. Doch gleich zu Jahresbeginn zeigen ihr die 18 wichtigsten Verbände die kalte Schulter – mit einem offenen Brief, der es in sich hat.
Zwar ist er an den Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) offiziell adressiert, doch geht es im Wesentlichen um Themen, die in das Ressort der Landwirtschaftsministerin fallen. Generell stellen die Verbände zunächst fest, dass „von vielen Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag nichts oder wenig“ umgesetzt werde.
Explizit klagen die Verbände dann über Personalnot in Landesbehörden, eine mangelnde Ausschöpfung von EU-Fördermitteln und über fehlende konstruktive Dialoge. Sie bemängeln ferner fehlendes Problembewusstsein mit Blick auf den Wolf, überzogene Tierwohlvorstellungen und übertriebene Vorhaben in den Bereichen Natur- und Umweltschutz.
„Um den ländlichen Raum nachhaltig positiv voranbringen zu können, ist ein sofortiger, drastischer Kurswechsel unserer Meinung nach nötig“, heißt es in dem Schreiben weiter. Es klingt wie eine Abrechnung mit der Ministerin – nach nicht einmal einem Jahr Regierungszeit. Ganz überraschend kommt diese allerdings nicht. Bereits vor dem Amtsantritt Dalberts hatten Hunderte Landwirte vor dem Landtag in Magdeburg dagegen demonstriert, dass eine Politikerin der Grünen die Verantwortung im Landwirtschafts-Ressort übernimmt.
In ihrem offenen Brief fordern die Verbände nun, dass sie stärker in die Arbeit des Dalbert-Ministeriums einbezogen werden. „Scheinbeteiligungen müssen beendet werden“, heißt es schroff. Der ländliche Raum müsse wieder eine Rolle in der aktuellen Politik spielen, „vor allem im Kabinett und nicht nur im Koalitionsvertrag“. Auch stören sich die Verbände an der Personalplanung im Bereich Naturschutz, insbesondere die Wolfsberater im öffentlichen Dienst sind ihnen ein Dorn im Auge.
Dalbert selbst zeigte sich am Montag über das Schreiben der Verbände enttäuscht, insbesondere über „die Wahl der Mittel“. „Die Ministerin schätzt und pflegt den direkten Dialog“, erklärte eine Sprecherin der Ministerin auf Volksstimme-Anfrage. Auch wies sie einige Vorwürfe zurück. Von überzogenen Tierwohlvorstellungen könne keine Rede sein, zudem hätten sich die Koalitionsfraktionen auf stärkere Umweltschutzbemühungen im Koalitionsvertrag verständigt.
Trotz der politischen Eiszeit will Dalbert den Dialog mit den Verbänden weiter suchen. „Alle Verbände, die den offenen Brief unterschrieben haben, werden ins Landwirtschaftsministerium eingeladen, um ihre Probleme vorzubringen“, heißt es aus ihrem Haus.
Die Parteien im Landtag ließen den offenen Brief am Montag unkommentiert, einzig der CDU-Nachwuchs in der Jungen Union (JU) bezog Stellung. „Der offene Brief von 18 land- und forstwirtschaftlichen Verbänden ist ein Warnschuss und zeigt, welche Themen im Umwelt- und Landwirtschaftsministerium eher stiefmütterlich behandelt werden“, so JU-Sprecher Niklas Fries.
Die außerparlamentarische FDP sieht den Dialog zwischen Ministerium und Verbänden als gescheitert an. „Der Brief an den Ministerpräsidenten ist ein klares Misstrauensvotum gegen die grüne Umwelt- und Landwirtschaftspolitik einer Ministerin Dalbert“, erklärte FDP-Landeschef Frank Sitta. Die Koalitionsfraktionen müssten endlich einen lösungsorientierten Dialog mit den Verbänden anstreben.