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Landtag Streit um Elbe als Wirtschaftsfaktor

Die Grünen fordern mehr Investitionen entlang des Elberadwegs. Die Landesregierung will aber auch der Schifffahrt nicht den Weg versperren.

04.05.2017, 23:01

Magdeburg l Ein Wirtschaftsfaktor auf 27 Seiten: So lang ist die Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen zur wirtschaftlichen Bedeutung der Elbe. Doch vorliegende Statistiken sind dünn, repräsentative Erkenntnisse kaum vorhanden. Wie viele Beschäftigte und Unternehmen tatsächlich von dem Fluss leben, kann die Landesregierung nicht klar benennen. Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) betont am Donnerstag in seiner Rede im Landtag dennoch den wirtschaftlichen Wert der Elbe für Sachsen-Anhalt.

Es gelte, die wirtschaftliche Nutzung der Elbe mit dem Naturschutz und den Belangen des Tourismus in Einklang zu bringen. „Naturschutz und wirtschaftliche Entwicklung müssen Hand in Hand gehen“, erklärt Webel. Das von Bund und Ländern beschlossene Gesamtkonzept Elbe biete dafür eine gute Grundlage, sagt Webel. Das Konzept will verkehrliche Nutzung und Naturschutz vereinbaren. Es bleibe wichtig, mehr Güterverkehr auf Wasserstraßen zu verlagern.

Tatsächlich ist der Fracht-Transport auf der Elbe aber seit Jahren rückläufig. Drei bis vier Schiffe zählen die Statistiker derzeit noch jeden Tag. Die transportierte Fracht ist innerhalb von zehn Jahren um gut eine Million auf 0,3 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr gesunken. „Um die wirtschaftlichen Potentiale der Elbe künftig besser zu nutzen, bedarf es einer Neuausrichtung“, mahnt Grünen-Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann. „Die wirtschaftliche Zukunft der Elbe liegt im Flusstourismus.“

Zahlen des Landes Sachsen belegen das: Demnach nutzten im Jahr 2015 430.000 Touristen den Elberadweg.

Eine nicht-repräsentative Befragung des Magdeburger Tourismusverbandes Elbe-Börde-Heide stellte eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Elbe-Radler in Sachsen-Anhalt von sechs Tagen fest. Die Ausgaben pro Person und Tag lagen bei 73,29 Euro. 215 Unterkünfte tragen in Sachsen-Anhalt das Qualitätssiegel „Radfreundliche Unterkunft am Elberadweg“. Der Weg entlang der Elbe zählt zudem laut Umfragen seit Jahren zu den gefragtesten Radwegen in Deutschland.

Der Elberadweg werde bei Besuchern aus dem In- und Ausland immer beliebter, so Lüddemann. Sinnlos sei der weitere Ausbau der Häfen sowie die Vertiefung des Flusses. Das würde die Geschäftsgrundlage des Tourismus an der Elbe zerstören, erklärt die Grünen-Politikerin. „Wir müssen weg von den Verlustbringern, hin zur Wachstumsbranche Naturtourismus“, sagt die Grünen-Politikerin.

Auch der SPD-Abgeordnete Holger Hövelmann fordert in seiner Rede weitere Investitionen in den Elberadweg. „Es gibt noch Luft nach oben“, so Hövelmann. Kritik gebe es teilweise zum Zustand und an der Ausschilderung. Ein Ziel müsse lauten, mehr Wege direkt entlang des Flusslaufs zu erschließen. Sachsen-Anhalt müsse sich zudem auf eine steigende Zahl von E-Bike-Fahrern einstellen. Hövelmann regt deswegen den Aufbau zahlreicher Ladestationen am Wegesrand an. Das Land müsse auch eine neue Werbe-Strategie für den Elberadweg entwickeln. Bislang werde für den Tourismus-Leuchtturm nur gemeinsam mit konkreten Reiseanlässen wie dem Reformations-Jahr oder den Telemann-Festtagen geworben. „Der Festspielbesucher, der die Abendgarderobe im Radkoffer dabei hat, ist eine seltene Spezies. Deswegen brauchen wir eine eigene Vermarktungsstrategie“, so Hövelmann. Der Linken-Abgeordnete Wulf Gallert kritisiert die Landesregierung. „Es ist erschreckend, mit welcher substanziellen Ahnungslosigkeit die Landesregierung die ökonomische Bedeutung der Elbe einschätzt“, so Gallert. 130 Millionen Euro öffentliche Mittel seien in den Ausbau der Häfen geflossen. „Wir haben keine Ahnung, was es bewirkt hat. Das ist ein Skandal.“

Auf gut 300 Kilometern Länge fließt die Elbe durch Sachsen-Anhalt. Immer wieder hat der Fluss mit Niedrigwasser zu kämpfen. Bedeutende Häfen liegen in Magdeburg, Dessau-Roßlau, Aken und Arneburg. 16 Fähren sind landesweit im Einsatz.

Neben dem Fahrrad-Tourismus gewinnt auch die Personenschifffahrt an Bedeutung: Nach Schätzungen des Vereins Blaues Band sind 2016 zwischen 350.000 und 400.000 Touristen befördert worden.

Nach der Landtags-Debatte steht der Elbradweg bereits am Sonntag erneut im Mittelpunkt. Entlang der Strecke finden an diesem Tag zahlreiche Veranstaltungen anlässlich des 15. Elberadeltages statt.