1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Mögliche Übernahme: Unicredit: Angebot für Commerzbank frühestens zu Jahresende

Mögliche Übernahme Unicredit: Angebot für Commerzbank frühestens zu Jahresende

Der Chef der italienischen Unicredit buhlt um die Commerzbank, trifft aber auf großen Widerstand in Deutschland. Nun setzt er auf eine neue Bundesregierung - und signalisiert Kompromissbereitschaft.

Von dpa 11.02.2025, 14:33
Lässt bei der Commerzbank nicht locker: Unicredit-Chef Andrea Orcel
Lässt bei der Commerzbank nicht locker: Unicredit-Chef Andrea Orcel Roberto Monaldo/LaPresse via ZUMA Press/dpa

Frankfurt/Main - Unicredit-Chef Andrea Orcel setzt im Übernahmeringen um die Commerzbank auf eine neue Bundesregierung. Zugleich trat er im Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX Ängsten vor einem drohenden Kahlschlag bei der Commerzbank entgegen.

„Eine Übernahme der Commerzbank würde fast zwei Jahre dauern. Im günstigsten Szenario sind es noch mindestens drei, vier Quartale, bis wir ein Angebot vorlegen können“, sagte der Chef der italienischen Großbank Unicredit. Vor dem vierten Quartal dieses oder dem ersten Quartal des nächsten Jahres werde man kein Angebot vorlegen können. „Was bedeutet das? Es gibt uns die Zeit, Gespräche mit der neuen Regierung zu führen und uns darauf vorzubereiten.“ Orcel hatte zuvor klargemacht, dass eine Übernahme ohne die Unterstützung der Bundesregierung schwer werde.

„Schlaflose Nächte“ bei Stellenabbau

Zugleich wehrt sich Orcel gegen Prognosen des Betriebsrats, dass die Unicredit bei einer Übernahme Tausende Commerzbank-Jobs streichen würde. „Glauben Sie, dass sich irgendjemand darüber freut, wenn Sie ins Büro kommen und sagen, dass eine bestimmte Anzahl von Stellen abgebaut werden muss? Ich kann Ihnen garantieren, dass mir das schlaflose Nächte bereiten würde.“ 

„Dies wäre eine Transaktion von zwei Banken, die sich sehr gut ergänzen“, sagte Orcel. „Schauen Sie sich die Situation in Italien an. Wir haben keine Filialen geschlossen, sondern investiert. Anstatt Mitarbeiter abzubauen, haben wir sie umgeschult, weitergebildet und neue eingestellt.“

„Entscheidung über Hauptsitz wird in Deutschland getroffen“

Bei der Frage nach dem künftigen Sitz der Commerzbank-Zentrale im Fall einer Übernahme signalisierte Orcel Entgegenkommen. „Die Entscheidung, wo der künftige Hauptsitz sein wird, wird in Deutschland getroffen – natürlich nicht die Entscheidung über die Zentrale der gesamten Gruppe, die bleibt in Italien.“ Letztlich werde man die Entscheidung treffen, „mit der sich die Menschen in Deutschland am wohlsten fühlen“. 

Die Unicredit hatte im September den Teilausstieg des Bundes genutzt und war bei der Commerzbank eingestiegen. Inzwischen kontrolliert sie rund 28 Prozent der Anteile, davon 9,5 Prozent direkt über Aktien und 18,5 Prozent über Finanzinstrumente. Ab einem Anteil von 30 Prozent müsste die Unicredit ein Übernahmeangebot vorlegen. Allerdings steht noch eine Genehmigung der Bankenaufsicht aus. Die Commerzbank, die Arbeitnehmervertreter und Bundesregierung lehnen das Vorgehen der Unicredit ab.

Unicredit steigert Gewinn deutlich

Eine Übernahme der Commerzbank könnte sich die Unicredit leisten: 2024 steigerte die Mutter der Münchner Hypovereinsbank (HVB) den Gewinn unerwartet stark um rund 8 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro. Die Italiener werden an der Börse mit rund 73 Milliarden Euro bewertet, die Commerzbank kommt auf circa 22 Milliarden Euro.

Orcel wirbt um Mittelstand

Orcel warb im Gespräch mit dpa und dpa-AFX erneut um die Vorteile einer Übernahme. Der deutsche Mittelstand brauche Beratung zu Nachhaltigkeits-Themen, Unterstützung bei der Handelsfinanzierung und bei Absicherungsgeschäften. „Das sind alles Themen, bei denen wir sehr gute Dienstleistungen anbieten.“

Zudem betonte Orcel abermals, dass ein Zusammenschluss im zersplitterten europäischen Bankenmarkt nötig sei. „Wenn wir als Europäer keinen Weg finden zusammenzukommen, wird sich das negativ auf uns auswirken. Denn die anderen Wirtschaftsblöcke wachsen. Ich weiß, wovon ich spreche – ich habe mit den USA und China zusammengearbeitet.“