Tierhaltung Volle Entschädigung bei Wolfsrissen
Landwirte in Europa sollen sich künftig die von Wölfen verursachten Schäden vollständig erstatten lassen können - auch in Sachsen-Anhalt.
Brüssel/Magdeburg (dpa/aw) l Weidetierhalter sollen künftig den vollen Schaden erstattet bekommen, der durch das Reißen von Schafen und anderen Tieren durch Wölfe entsteht. Außerdem sollen sie Geld für die Errichtung von Schutzzäunen oder den Kauf von Wachhunden erhalten können. Eine finanzielle Obergrenze soll es nicht mehr geben.
Die EU hatte bereits im Dezember entschieden, dass Investitionen in Vorsorgemaßnahmen gegen Risse von Weidetieren durch Wölfe, die durch die Länder finanziert werden, nicht mehr als unzulässige Beihilfen gelten sollen.
Auch in Sachsen-Anhalt sollen die neuen Regeln gelten. Das Landes-Umweltministerium hat eine dafür notwendige Richtlinie über den Bund bei den Brüsseler Behörden eingereicht, teilte Sprecherin Jenny Schwarz am Freitag mit. Bislang können sich Tierhalter nur bis zu 80 Prozent der durch Wölfe entstandenen Schäden erstatten lassen. Die Förderung ist bis jetzt auf maximal 15.000 Euro innerhalb von drei Jahren gedeckelt – bekannt als de-minimis-Regel.
Sachsen-Anhalt will zudem den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitern: Künftig sollen Kosten für Prävention und Entschädigungen auch für Halter von Rindern und Pferden übernommen werden – bislang ist das nur für Schafe, Ziegen und Gehegewild möglich.
Für den Schutz von Herden will das Land zudem nicht mehr nur die Anschaffung von „Pyrenäen-Berghund“ und „Maremmano-Abruzzese“ fördern. Der Kauf weiterer Rassen soll gefördert werden, sofern sie die entsprechenden Prüfungen nachweisen können.
Laut aktuellsten Zahlen wurden 2018 mehr als 160 Nutztiere in Sachsen-Anhalt von Wölfen getötet. Für Präventionsmaßnahmen wie Elektrozäune zahlte das Land bis Mitte November 67.000 Euro aus. 2017 waren es noch 137.000 Euro. Fast immer investieren Nutztierhalter das Geld in die Anschaffung von Zäunen. Nur in einem Fall wurde der Kauf von Herdenschutzhunden bezahlt. Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) sagte Journalisten, sie rechne damit, dass sich daran auch nach der Reform wenig ändert.
Grund dürfte vor allem sein, dass Landwirte zwar Geld für die Anschaffung der Hunde bekommen, nicht aber für den Unterhalt. Nach dem Willen der Ministerin soll sich das ändern – allerdings erst in einigen Jahren, wenn 2021 die neue Förderperiode der EU beginnt. „Als Land können wir natürlich nicht Hundefutter oder Tierarztbesuch fördern“, sagte die Ministerin. Sie könne sich aber einen Aufschlag für Landwirte vorstellen, die Hunde zum Schutz ihrer Herden einsetzen. „Da müssen wir ran, das ist völlig klar.“
Das gilt aus Sicht der Grünen-Politikerin auch mit Blick auf Zäune. Die funktionieren nur gut, wenn sie regelmäßig freigeschnitten werden, damit der Stromfluss sichergestellt ist. Die EU-Regeln erlaubten es dem Land bislang nicht, dafür Fördergeld zu zahlen, sagte Dalbert.
Die Ausbreitung des Wolfs wird immer wieder emotional diskutiert, weil regelmäßig Nutztiere angegriffen werden. 2018 wurden in Sachsen-Anhalt nach vorläufigen Zahlen 52 Übergriffe gezählt, denen insgesamt 160 Tiere zum Opfer fielen. Im Gesamtjahr 2017 weist die Statistik 72 Angriffe und 193 getötete Tiere aus.