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Insolvenzverfahren Sachsen-Anhalter soll Air Berlin retten

Mifa-Sanierer Lucas Flöther aus Halle übernimmt als Sachwalter Aufsicht über die insolvente Fluglinie Air Berlin.

15.08.2017, 12:18

Magdeburg/Berlin l Der Hallenser Rechtsanwalt Lucas Flöther ist am Dienstag vom Amtsgericht Berlin-Charlottenburg als Sachwalter für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin bestimmt worden. Zuvor hatte Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft Insolvenz angemeldet. Das Gericht hat das Verfahren in Eigenverwaltung angeordnet. Dabei bleibt die Geschäftsführung im Amt. Der Düsseldorfer Jurist Frank Kebekus als Generalbevollmächtigter und eben Flöther als Sachwalter sollen nach Informationen der Volksstimme das Unternehmen durch das Insolvenz-verfahren steuern.

Flöther ist am Dienstagnachmittag nach Berlin gefahren, hat am Hauptsitz der Airline zunächst Einblick in Bücher und Akten genommen. Flöther sagte der Volksstimme: „In den nächsten Stunden werde ich mir mit meinem Team zunächst einen Überblick über die Lage verschaffen.“ Als Sachwalter soll der Hallenser Jurist vor allem die Interessen der Gläubiger von Air Berlin vertreten. Zuletzt hatte der Hallenser in Mitteldeutschland auch die Insolvenz des Leipziger Internet-Unternehmens Unister betreut. Erst Anfang August gelang es Flöther zudem, den Fahrradbauer Mifa aus Sangerhausen an einen Investor zu veräußern.

Die Aufgabe, die bei Air Berlin vor dem Insolvenzverwalter liegt, ist aber ungleich größer. Deutschlands zweitgrößte Airline fährt seit Jahren hohe Verluste ein: 2016 stand ein Rekordminus von 782 Millionen Euro. Insgesamt plagen die Airline Verbindlichkeiten in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro. Die Lage verschärfte sich Ende März mit der Umstellung auf den Sommerflugplan. Flugausfälle und Verspätungen häuften sich danach. Air Berlin konnte sich zuletzt nur noch in der Luft halten, weil der arabische Großaktionär Etihad finanzielle Mittel zuschoss. Ende vergangene Woche stoppten die Araber jedoch plötzlich die Zahlungen. Die Geschäfte von Air Berlin hätten sich zuletzt rapide verschlechtert, erklärte die Airline aus Abu Dhabi am Dienstag nach dem Insolvenzantrag.

Das Insolvenzverfahren bietet für Air Berlin nun auch die Chance, den riesigen Schulden-Berg loszuwerden. Die Lufthansa hat bereits angekündigt, Teile des Unternehmens zu übernehmen und auch Mitarbeiter einstellen zu wollen. Air Berlin hat rund 7200 Beschäftigte. Die Fluggesellschaft hatte Gespräche am Mittag bestätigt: „Es werden Verhandlungen mit Lufthansa und weiteren Beteiligten zur Veräußerung von Betriebsteilen geführt“, teilte Air Berlin mit. Auch die britische Gesellschaft Easyjet soll bereits Interesse an Teilen der Fluglinie angemeldet haben.

Ein 150-Millionen-Euro-Kredit der Bundesregierung soll zunächst den Flugbetrieb sichern. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte, das Geld reiche für ungefähr drei Monate. Zugleich äußerte sie sich zuversichtlich, dass in den nächsten Monaten eine Übernahme von Teilen der zweitgrößten deutschen Airline durch die Lufthansa gelingen könnte. Der Kredit schaffe für den Übergang einen Rahmen, so Zypries.

Der irische Billigflieger Ryanair kritisierte die Rettungsmaßnahmen scharf. Der Insolvenzantrag sei „ganz eindeutig“ mit dem Ziel arrangiert worden, dass Lufthansa die Air Berlin übernehmen könne, erklärte Ryanair-Sprecher Robin Kiely. Die Zeche zahle der Verbraucher: „Deutsche Reisende sowie Deutschland-Besucher werden höhere Ticketpreise erdulden und für dieses Lufthansa-Monopol bezahlen müssen.“ Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte bereits angedeutet, dass er eine Übernahme für kartellrechtlich unproblematisch hielte. 

Infografik: Die katastrophale Bilanz von Air Berlin | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista