1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. 300 Kamele für den DDR-Schlagerstar

"Das offizielle Bärbel Wachholz Buch" 300 Kamele für den DDR-Schlagerstar

22.08.2011, 04:47

Sie fuhr einen amerikanischen Wagen, hatte Geld für teuren Schmuck und Fans in Ost und West. Schlagerstar Bärbel Wachholz lebte in der DDR. Mehr als 25 Jahre nach dem Tod von "Ulbrichts Nachtigall" erinnert jetzt ein Buch an sie.

Von Gudrun Janicke

Auerbach/Berlin (dpa). Ein Scheich war fasziniert von ihrer Schönheit und der tollen Stimme: Für 300 Kamele sollte sie die Seine werden. Auch der erste Mensch im All, Juri Gagarin, verehrte die schlanke Blondine und reiste samt Blumenstrauß häufig zu ihren Konzerten.

DDR-Schlagersängerin Bärbel Wachholz (1938-1984) führte ein Leben im Rampenlicht. Die schillernde Frau, die im Sozialismus eine damals ungewöhnliche Showkarriere hingelegt hat, fasziniert heute noch.

Mythen, Klatsch und Tratsch ranken sich um das Leben der im Alter von 46 Jahren gestorbenen Künstlerin. Der Sachse Joachim Lang - bis zur Pensionierung Leiter der Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer (IHK) Auerbach - erinnert jetzt an sein Idol.

120 Zeitzeugen wurden befragt

In einem gut 420 Seiten starken Buch lässt der 61-Jährige das Leben seines Stars Revue passieren - und beleuchtet zugleich die Zeit von Walter Ulbricht bis zu Erich Honecker. Lang nutzt sein im Laufe der Jahrzehnte zusammengetragenes Archiv und befragte etwa 120 Zeitzeugen. "Es ergibt sich ein Bild, wie der Star wirklich war", sagt Lang. "Ich sehe Bärbel Wachholz nicht nur rosarot, auch unbekannte Seiten sollen dargestellt werden."

Als 17-Jährige nahm die gelernte Fotografin aus Eberswalde (Barnim) an einem Ta- lentwettbewerb teil. 1959 schrieb dann der Komponist Gerd Natschinski den Song "Damals". Der Text kam von Rudolf-Günter Loose, der auch "Marmor, Stein und Eisen bricht" für Drafi Deutscher schrieb. Die Ost-Sängerin begeisterte damit Hörer in Ost und West, eroberte die Hitparade von Radio Luxemburg.

Ihre Titel erschienen im Osten bei der Schallplattenfirma Amiga, im Westen bei Fontana. "Ihre Ausstrahlung machte atemlos: Kam sie auf die Bühne, zog sie alle in ihren Bann", schwärmt Lang.

Zur Zeit ihrer größten Erfolge in den 1950er und 1960er Jahren war Wachholz in der DDR ein Star. Mit allem, was dazu gehörte: Reisen, stadionfüllende Auftritte in Ost und West, Auszeichnungen und Designerkleider, die von DDR-Frauen an den heimischen Nähmaschinen kopiert wurden.

Frank Schöbel war ein bisschen verliebt

Dann das tragische Ende: "Wegen ihres Erfolges auch im Westen wurde sie argwöhnisch beobachtet", erklärt Lang. Zwei missglückte Republikfluchten brachten der erfolgsverwöhnten Frau Berufsverbot. "Keine Auftritte, Einsamkeit, Alkohol", beschreibt Lang den Teufelskreis.

Anfang der 1970er Jahre durfte sie wieder auf die Bühne zurück: mit intensiver Stimme wie einst, allerdings gezeichnet von gesundheitlichen Problemen.

Lang lässt in seinem Buch das "Who is Who" der deutschen Schlagerbranche zu Wort kommen. Entertainer Lutz Jahoda schreibt: "Bärbel Wachholz war ein Phänomen: Sie war plötzlich da, keine Anfängerin, sondern schon perfekt." Selbst Sängerin Dagmar Frederic gibt freimütig zu, dass sie der Stern war, zu dem sie aufschaute.

DDR-Schlagerstar Frank Schöbel ("Wie ein Stern") hat eine ganz persönliche Erinnerung an Bärbel Wachholz: Als er 14 Jahre alt war, bekam er von ihr ein Küsschen auf die Wange. "Und war wohl ein bisschen in sie verliebt", erzählt der Sänger.

Joachim Lang, "Das offizielle Bärbel Wachholz Buch", ISBN 978-3-00-032397-3, 29,95 Euro