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Telemann-Oper "Pimpinone" zur Eröffnung der 20. Sommermusikakademie in Hundisburg Alles dreht sich um Liebe, Geld, Vergnügen

Von Helmut Rohm 30.07.2012, 03:24

Bravorufe und langes Füßetrampeln gibt es am Sonnabendabend im Festsaal. Es war die zweite Vorstellung von "Pimpinone oder Die ungleiche Heyrath". Mit dieser Barockoper von Georg Philipp Telemann wurde die 20. Sommermusikakademie Schloss Hundisburg eröffnet.

Hundisburg l "Ich bin nun stumm", resigniert ganz am Schluss Pimpinone. Er hat den "Geschlechterkampf" mit seinem einstigen Dienstmädchen, seiner jetzigen Ehefrau Vespetta endgültig verloren. Wird sich künftig wohl demütig mit seiner Lage abfinden müssen.

Die 200 Gäste im ausverkauften Festsaal gingen auf eine Zeitreise. Zum Jubiläumsdoppel 300 Jahre Schloss Hundisburg und 20 Jahre Sommerakademie wurde die Barockoper an authentischem Ort aufgeführt.

Die elf Musiker des Freiburger "nomad theatre ensemble" für alte Musik konzertierten auf alten Instrumenten. Sie brillierten mit spürbarer Spielfreude unter dem Dirigat von Johannes Klumpp sowohl als Ensemble und solistisch bei Ouvertüre und den Zwischenmusiken mit einzelnen Sätzen aus Telemanns Violinkonzerten als auch bei der stimmigen Begleitung der Sänger.

1725 wurde "Pimpinone" als Zwischenaktmusik für eine große Händeloper komponiert, später als selbständige Oper aufgeführt. Alltägliche Lebenssituationen um Liebe, Geld, Vergnügen, alles gewürzt mit viel Humor und Augenzwinkern, stehen im Fokus.

Die Geschichte lässt sich ganz kurz darstellen: Armes Mädchen sucht Arbeit. Mehr wohl einen reichen Mann. Sie wird geheiratet. Hat nun ein schönes Leben. Ihre ehelichen Verpflichtungen, einst wie Schwüre versprochen, sind vergessen. Der Mann lehnt sich vergebens auf - und resigniert.

Regisseur Daniel Klumpp hat die vorhandene historische Übersetzung des Librettos von Johann Philipp Praetorius und Pietro Pariati in die heutige Umgangssprache umgewandelt. Dadurch, vor allem durch die sehr ausgeprägte Diktion der beiden Protagonisten bei ihren Arien und Rezitativen sowie ihrem ausdrucksstarken Spiel kann das Publikum der Handlung an sich, insbesondere den vielen reiz- und humorvollen Dialogen, bestens folgen. Mit der deutschen Sopranistin Sonja Bühler und dem griechischen Bariton Christos Pelekanos konnten wohl kaum passendere Darsteller für diese kontrastierenden Rollen verpflichtet werden.

Da ist eine zierliche, mit allen Wassern der Verführung gewaschene hübsche junge selbst- und zielsichere Frau mit großer Stimme. Ihr Gegenpart verfügt über eine ebenso klang- und volumenreiche Stimme. Und, er hat eine Statur wie ein Recke. Als Pimpinone ist er sehr reich, wohl auch sehnsüchtig nach Liebe.

Der Zuschauer amüsiert sich köstlich, wie Vespetta, ihrer Reize bewusst, den hin und wieder tolpatschigen und liebesblinden Pimpinone mehr und mehr um den sprichwörtlichen Finger wickelt. Erst bekommt sie Arbeit als Hausmädchen, dann den Generalschlüssel, später auch den Tresorschlüssel. Und schließlich wohl auch das Bett ...

Als Ehefrau ist sie jedoch mehr und mehr unterwegs bei Freundinnen und beim Shoppen. Pimpinone regt sich fürchterlich auf. Eine der reizvollsten Gesangspartien ist dessen Imitation über das Lästern der Frauen.

Noch einmal gibt Pimpinone alles. Doch im aktionsreichen Streit gibt es nur eine Siegerin: Vespetta.

Da kommen die Männer gar nicht gut weg. Das ist so im realen Leben zum Glück nicht immer so. Aber die Sachverhalte selbst sind zeitlos und immer aktuell. Da passt es auch, dass die arbeitsuchende Vespetta zunächst in grünem Overall und Gummistiefeln auftritt, später eine klassische Dienstmädchenkleidung trägt, ehe sie feine Dame wird (Ausstattung Hedwig Boahene, Licht Ingo Jooß).

Seinen Niedergang repräsentiert Pimpinone kurzbehost mit offenem Morgenmantel, Schlappen und einer Vier-Buchstaben-Zeitung.

Eigentlich könnte er einem leid tun. Aber schön war\'s trotzdem - für das Publikum jedenfalls.